Jüngst wurde ein muslimisches Paar auf Flitterwochen in der Lüneburger Heide von der Polizei [strike]überfallen[/strike] untersucht. Ich las gerade die
Berichte des Paares und eines
Bekannten. Auch wenn letzterer IMHO mit seinen eigenen Vorurteilen vor der Landbewohnerin Lieschen Müller etwas über die Stränge schlägt, so finde ich es erschreckend, wie minimale Anhaltsmomente (orientalisch aussehend und ohne Auto im Dunkeln angekommen) bereits zu solch einem Verhalten von der Polizei/dem Staatsanwalt führen können.
Ich habe Angst, dass das fortwährende Warnen vor der großen Gefahr der Terroristen "da draussen" solche Übergriffe immer weiter fördern wird.
Die einen fordern wegen einem "schlafenden Fritz" die Sicherheitsmaßnahmen hochzuschrauben, die nächsten fordern wegen einem "nicht schlafen könnenden Omar" sie runterzuschrauben und alle denken irgendwie über Verhältnismäßigkeiten nach. Gewinnt jetzt die Seite mit dem Fritz, weil zuerst etwas hochfliegen wird oder die Seite mit dem Omar, weil zuerst bei so einem Einsatz, ein muslimischer Mitbürger ums Leben kommt?
Die einen fordern wegen einem "schlafenden Fritz" die Sicherheitsmaßnahmen hochzuschrauben
Schäuble vielleicht, aber niemand hier im Forum,
daher ist das nicht wirklich ein Gegensatz ;)
Was ist dabei, mal von den Bullen überprüft zu werden? Die machen das auch mal auf offener Straße einfach so und zwar mit jedem. Auch mit weißen Deutschen. Auch Autofahrer werden regelmäßig überprüft. Deswegen macht man sich doch nicht in die Hose.
Oh doch. Ich hab' Angst davor und finde es traurig, dass man in Deutschland grundlos, bzw. offiziell mit fadenscheinigen Begruendungen, angefasst und festgehalten werden kann. Nicht mal die Wohnung oder private Kommunikation ist mehr sicher. Ich moechte nicht Angst davor haben, nicht normal^tm zu sein. Wenn jeder aus Angst staendig darauf achten muss, nicht aus einem imaginaeren Raster zu fallen, weil er sonst keinen Job, Repression oder Haftstrafen aufgebrummt bekommt, sind wir nicht mehr frei. Wir verarmen geistig und kulturell.
Gewissen Innenministern, die nicht kacken gehen ohne von (Zivis?) beobachtet zu werden, scheint das nichts zu machen, der wuerde aber im Zweifelsfall auch in die Hose machen, wenn man ihn alleine laesst…
Anyway, das muss ein Flamebait gewesen sein und ich schaeme mich schon fast bisschen, geantwortet zu haben. Wenn du auch nur einen der Beitraege gelesen haettest, haettest du erfahren, dass es nicht um eine Verkehrskontrolle auf dem Weg zur Arbeit ging, sondern um eine Hausdurchsuchung mit bewaffneten Beamten, die in das heiligste deines Kernbereichs privater Lebensgestaltung eingedrungen sind und Randale gemacht haben. Naemlich waehrend der Flitterwochen des Paerchens.
06.11 bundesweite Aktionen
Hm, gibts dazu auch Quellen in normalen Medien? Ich hab nix gefunden.
Nein, ich habe leider auch noch nichts von jemandem gelesen, der eigenständig recherchiert hat.
Eigentlich sollte man annehmen, dass jemand wie die taz da gerne mal nachhakt (egal was mit welchem Ausgang, sei es dass sich die Geschichte bestätigt oder dass sich zeigt, dass das übertrieben dargestellt ist). SPON greift solche Geschichten ja leider auch schon gerne ohne Recherche auf und plabbert Dinge aus dem Netz nach. Aber selbst dies haben die bisher nicht gemacht. Dabei sollte es für einen Journalisten einfach sein, z.B. mal bei der
genannten Polizei nachzufragen.
Derzeit blubbert das Thema nur durch die Blogosphäre, so ist z.B. bei
Rivva der Beitrag "Provinzcowboywillkür gegen Jungvermählte" größer. Von dem ausgehend, was die beiden (angeblich) Betroffenen zuvor in ihren Blogs geschrieben haben, scheinen sie durchaus eine Sichtweise zu pflegen, die so ausreichend differenziert und zurückhaltend ist, dass ich deren Schilderung nicht sofort abtue.
Dann gab er diese dann an die andere Person am Ende der Leitung weiter und merkte dabei noch anerkennend an, dass Omar fließend und akzentfrei deutsch spricht, also schon als junger Mann nach Deutschland gekommen sein müsse.
*Handy zück* *pieppieppiep piep* "Hallo, Peter, Omar hier. Du, uns passiert gerade was ganz verrücktes, unser Ferienhaus wird von der Polizei durchsucht und, das wirst du mir jetzt sicher nicht glauben, der Einsatzleiter spricht Deutsch! Fließend und akzentfrei! Der muß schon als ganz junger Mann nach Deutschland gekommen sein. Ich glaube, der hat sogar einen deutschen Namen angenommen, aber so genau konnte ich das auf seiner Dienstmarke nicht erkennen, zumindest glaube ich, daß das eine Dienstmarke war, die er an meinem Gesicht vorbeigewischt hat. Durchsuchungsbefehl? Nein, damit haben die sich nicht aufgehalten, mit dem Anwesenheitsrecht ja auch nicht. Aber ist das nicht beeindruckend, wie gut manche Leute integriert sind?"
Leider wäre auch mir sowas leider erst als Treppenwitz eingefallen. Naja, mal schauen, wann sie hier klopfen und treten.
Jens von Wichtingen steigt bei Politically Incorrect und in
seiner Erklärung zum Ausstieg erwähnt er den Übergriff in der Heide bei den "Auswirkungen im realen Leben".
Es sagt dies nicht ausdrücklich, ich frage mich aber, ob ihn nicht gerade dieser Vorfall zum Nachdenken (und dann weiter zum Ausstieg) gebracht hat, da es ihm eine erste - noch recht harmlose - Konsequenz vor Augen geführt hat, was solch Denken auslösen kann.
Mein Bruder wurde von Polizei besucht und wegen Mordes verhaftet, nur weil er denselben (häufigen) Nachnamen wie ein gesuchter mutmaßlicher Mörder hat, der seine Mutter getötet haben soll.
Er durfte einige Stunden mit auf den Rücken gefesselten Händen zubringen, bis unsere Mutter es aufklären konnte…