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Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein

Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-27 01:09
Anarch
Aus einem aktuellen Flugblatt (das bezieht sich auf dieses Kolloquium):

Kriegsführung an der Universität Hamburg
Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein

„Wird meine Forschung für militärische Zwecke missbraucht werden?“, überlegen nicht wenige Wissenschaftler, wenn sie ein neues Thema beginnen. Denn Wissenschaft ist nicht Selbstzweck, sondern hat eine gesellschaftliche Verantwortung. Natürlich kann viele Forschung auch militärisch genutzt werden, und hier eine Grenze zu ziehen ist schwer. Aber einige Forschung setzt ganz gezielt auf militärische Anwendung.

Wie können Computersysteme eingesetzt werden, um den Streitkräften der „Nordic Battle Group“ zu erlauben, feindliche Aktivitäten vorauszusehen? Welche Relationen bestehen zwischen den „Entitäten“ auf dem Schlachtfeld? Und wie können Computer diese Informationen möglichst geeignet für den Kommandanten aufbereiten, damit dieser effizient Krieg führen kann?

Über solche Fragen möchte Pontus Svenson von der Stockholm Information Fusion Group des schwedischen Verteidigungsforschungsinstituts (FOI), welches eng mit dem schwedischen Verteidigungsministerium zusammenarbeitet, am Montag in der Informatik referieren.

Wir finden, dass Wissenschaft dem Frieden auf unserer Welt dienen sollte. Kriegsunkritische Forschung dient nur dazu, mehr Leid auf dieser Welt zu verursachen, und bietet keine Perspektive auf eine dauerhafte Verbesserung des menschlichen Zusammenlebens. Wir wollen eine lebenswerte Welt.

Unsere Universität öffnet sich, ihrem im Leitbild formulierten Ziel der „Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft für eine friedliche und menschenwürdige Welt“ entgegen, immer mehr der Kriegsforschung. Der Konkurrenzkampf soll die Universität auf Effizienz trimmen. Hierbei sind allein Exzellenz und Drittmittel wichtig, wir müssen „alles fördern, was glänzt“, wie es im Fakultätsrat der MIN-Fakultät so schön hieß. Vollkommen unabhängig von ethischen Gesichtspunkten soll sich die Universität wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterordnen, und diese kennen keine humane Grenzen.

Dabei machen wir nicht mit.

Wir zeigen Herrn Svenson und denjenigen, die ihn eingeladen haben, was wir von dieser Art der Forschung halten. Wir konfrontieren sie ganz konkret mit der Menschenverachtung in dieser Forschung und werden ihnen klarmachen, dass wir solche Vorträge an unserer Universität nicht hören wollen. Wenn auch du findest, dass Kriegsforschung nichts an unserer Universität zu suchen hat, unterstütze uns bei unserem Protest, zeige dich und diskutiere mit!

Montag, 3. Juli 2006
16:00 – Vorbereitungstreffen (C-215, Informatikum)
17:00 – Vortrag (B-201, Konrad-Zuse-Hörsaal, Informatikum)

Anfahrt
Vom Schlump aus mit der U2 bis Hagenbecks Tierpark, von dort mit dem 281er oder 181er bis Haltestelle Informatikum. Vom Campus aus mit der 5 bis Siemersplatz, von dort mit dem 281er bis Informatikum.

Offizielle Ankündigung des Vortrags:
http://www.informatik.uni-hamburg.de/Info/Kolloquium/SoSe06/svenson.shtml

Und ganz ehrlich – als ich die Ankündigung zu diesem Kolloquium gelesen habe, lag meine Kinnlade auf dem Tisch und ich musste erstmal Header prüfen, ob das nicht gefälscht war. Ist es leider nicht. Der gute Mann hält auch im Rahmen der 12. European Summer School on Language and Speech Communication (ELSNET) gleich mal einen Vortrag.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-27 01:17
docfive

Wer ist denn der Herausgeber dieses Flugblattes?

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-27 01:28
Anarch
Der V.i.S.d.P. ist der FSR Informatik, beschlossen wurde die Aktion auf dem MIN-Treffen am Montag.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-28 15:55
Anonymer User
Kriegsforschung an der Universität Hamburg?

Gleich zu Beginn ein klares Bekenntnis: Ich bin derjenige, der Pontus Svenson eingeladen hat, einen Kurs an der genannten Sommerschule zu halten. Ich habe dies getan,

- weil ich in ganz Europa keinen Wissenschaftler gefunden habe, der sich mit dem zunehmend wichtigen Problem der Informationsfusion auf konzeptueller Ebene in einem nicht-miltärischen Anwendungsgebiet auseinandersetzt (leider, leider) und der gleichzeitig über einschlägige Lehrerfahrungen im Bereich der öffentlichen Universitäten verfügt.

Ich habe dies auch getan,

- obwohl ich von seinen miltärisch ausgerichteten Forschungen (die auch ich nicht unterstützen möchte) und seiner Anbindung an ein klar militärisch ausgerichtetes Forschungsinstitut Kenntnis hatte.

Ich verstehe sehr gut, dass militärisch ausgerichtete Forschung auf massive Kritik friedensbewegter Menschen (zu denen auch ich mich rechne) stößt, möchte doch aber folgendes zu Bedenken geben:

1. Es löst kein Problem, wenn man militärisch orientierte Forschung nicht zur Kenntnis nimmt. Im Gegenteil, ich halte dies für eine elementare Voraussetzung, um sich ernsthaft damit auseinandersetzen
zu können. (Dies war im konkreten Fall jedoch nicht die primäre
Intention für die Einladung).

2. Ich sehe es auch als eine Aufgabe der Universität an, ein öffentliches Bewusstsein für aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft auch im Bereich der Militärforschung und der dual-use-Forschung herzustellen. Ich halte es auch für besser, die tatsächlichen Ziele von Forschungsaktivitäten konkret beim Namen zu nennen, als diese mit vielleicht gar wissenschaftlich klingendem Wortgeklingel zu verbrämen.

3. Eine pauschale Verdammung von militärischen Aktivitäten halte ich gerade im Falle des schwedischen Militärs für fragwürdig, da gerade hier ja in einer inzwischen mehr als 100-jährigen Tradition gezeigt wurde, dass man mit militärischen Mitteln auch sehr verantwortungsbewusst umgehen kann. In diesem Zusammenhang völlig undifferenziert von "Menschenverachtung" zu sprechen, erscheint mir zumindest fragwürdig.

4. Auch mir ist die Vortragszusammenfassung von Herrn Svenson sauer aufgestoßen. Hierbei sollte man sicherlich berücksichtigen, dass, anders als vor dem Hintergrund der leidvollen deutschen Geschichte, in Schweden das Verhältnis zum Militär und militärischem Sprachgebrauch ungebrochen ist. Ich sehe zudem kaum eine Möglichkeit nach einmal ausgesprochener Einladung, den Ankündigungstext eines Vortragenden einer nachträglichen Zensur zu unterziehen.

5. Der eigentliche Grund für die Einladung von Herrn Svenson war jedoch das Bestreben, Erkenntnisse, die nach meinem Kenntnisstand eben leider nur in der Militärforschung gewonnen wurden (wo der Anwendungsdruck offenbar höher ist), in andere Anwendungsbereiche zu übertragen. Es geht also eher um einen Missbrauch militärischer Forschung zu zivilen Zwecken als den in dem Aufruf eingangs angesprochenen Missbrauch ziviler Forschung für militärische Zwecke. Ob eine solche Umnutzung tatsächlich möglich ist, wird sich zeigen müssen.

Unter dem letzten Gesichtspunkt kann man die Einladung an Herrn Svenson durchaus auch als einen Versuch der Konversion ("Schwerter zu Pflugscharen") verstehen, auch wenn ich nur zu gut weiss, dass im Bereich der Forschung durch Konversion die "Schwerter" noch lange nicht verschwinden. Es ist tatsächlich ein Fehler, den ich mir zuschreiben muss, dass diese Absichten im Vorfeld des
Kolloquiumsvortrags nicht kommuniziert wurden (Wobei ich natürlich auch jetzt noch nicht so recht weiß, wie man dies wohl hätte am besten erreichen können).

Vor diesem Hintergrund finde ich es schon recht problematisch, wenn unter einer extrem stark polemisierenden Überschrift, der meines Wissens nach völlig falsche Eindruck erweckt wird, an der Universität Hamburg werde Kriegsforschung betrieben, dies sei beabsichtigt oder geplant. Gegen eine solche Unterstellung möchte ich mich hiermit ausdrücklich verwahren.

Bleibt die Frage, ob man nicht durch die Einladung eines Militärforschers derartig orientierte Forschungen, die man ja eigentlich nicht so gut findet, unzulässig aufwertet und "salonfähig" macht, ein Argument, dass sich nicht so leicht von der Hand weisen lässt. Aus dem oben gesagten sollte aber klar geworden sein, dass ich Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht für ein geeignetes Mittel der politischen Konfliktlösung in einer Demokratie halte, die sich einen militärischen Apparat als legitimes Machtinstrument leistet. Diese Auseinandersetzung muss man wohl auf einer anderen Ebene führen.

Wolfgang Menzel

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-28 16:58
Wolf
Schön, dass Sie sich hier äußern!

Ich empfinde die Äußerungen in dem Flugblatt als Schnellschuss. Allen Beteiligten wird sofort die Motivation unterstellt, Kriegsführung zu optimieren. Wie man aber den Vortrag auswerten kann, ist von vornherein doch gar nicht klar..

Naja, macht das mal unter euch aus.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-28 22:37
Farcon
Ich weiß auch nicht was das soll; den Typen zu boykotieren ist für mich wie nicht für Siemens arbeiten wollen, weil die ja auch Kriegsgerät bauen und Warsteiner nicht trinken, weil die Scientology gehören. Ist doch bloß wieder ein reflexartige Aktion der Linken. Da gehts nicht um Inhalt sondern um die Bewältigung von persönlichen Problemen.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-28 22:54
Anarch
Ich weiß auch nicht was das soll; den Typen zu boykotieren ist für mich wie nicht für Siemens arbeiten wollen, weil die ja auch Kriegsgerät bauen

Das nennt sich übrigens „consumer choice“, in der Kapitalismustheorie wird dieses Verhalten als das korrekte Verhalten angenommen, wenn man etwas ändern möchte. Durch die Arbeit bei einem solchen Unternehmen unterstütz man Kriegsführung (ob man nun will oder nicht), und die korrekte Entscheidung eines homo oeconomicus wäre hierbei, nicht dort zu arbeiten, wenn er die Kriegsführung nicht für sinnvoll erachtet. Bist du jetzt Kapitalismuskritiker oder Kriegsbefürworter?

Ist doch bloß wieder ein reflexartige Aktion der Linken. Da gehts nicht um Inhalt sondern um die Bewältigung von persönlichen Problemen.

Ich sehe schon, dir geht es ja deutlich um Inhalt :-)

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-28 23:38
Marrow
Irgendwie werden hier verschiedene Sachen vermischt,
zum einen Rüstungsforschung allgemein, zum anderen diese Ankündigung zum Kolloquiumsvortrag und zum dritten das Flugblatt.

Imo ist Rüstungsforschung etwas, das kein Land eigentlich mehr brauchen dürfte/dürfen sollte. Bei einem Krieg verlieren beide Seiten, trotzdem ist eine angeblich der Gewinner am Ende.

Die Ankündigung zum Vortrag (die vielleicht unglücklich formuliert ist) klingt danach, als müsste Krieg ergonomischer gemacht werden und Software Vorhersagen treffen, wie sich der Gegner verhalten könnte etc. Ich hoffe, dass am Ende immer noch ein verantwortungsvoller Mensch die Entscheidung fällt. (Vogelschwärme o. ä. wurden schon von Software für Angriffe gehalten).

Finde die Ankündigung (also die Formulierung) bedenklich. Sofern ich Montag Zeit habe (hoffentlich), werde ich mir anhören, was der Vortragende erzählt.

Nachtrag: Ich finde es gut, dass der FSR auf den Vortrag aufmerksam gemacht hat (über die Art lässt sich sicher streiten), aber immerhin gibt es hier Diskussion darüber und auch sonst haben wohl ein paar mehr Menschen davon mitbekommen als "Ankündigung für das Kolloquium".

Im Anschluss an den Vortrag haben vielleicht einige Personen Zeit, sich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-29 01:37
DeGT
Ich verstehe sehr gut, dass militärisch ausgerichtete Forschung auf massive Kritik friedensbewegter Menschen (zu denen auch ich mich rechne) stößt, möchte doch aber folgendes zu Bedenken geben:

1. Es löst kein Problem, wenn man militärisch orientierte Forschung nicht zur Kenntnis nimmt. Im Gegenteil, ich halte dies für eine elementare Voraussetzung, um sich ernsthaft damit auseinandersetzen
zu können. (Dies war im konkreten Fall jedoch nicht die primäre
Intention für die Einladung).
Wir haben nicht versucht, etwas nicht zur Kenntnis zu nehmen, ganz im Gegenteil. Wir haben versucht, auf ein Problem aufmerksam zu machen.
2. Ich sehe es auch als eine Aufgabe der Universität an, ein öffentliches Bewusstsein für aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft auch im Bereich der Militärforschung und der dual-use-Forschung herzustellen. Ich halte es auch für besser, die tatsächlichen Ziele von Forschungsaktivitäten konkret beim Namen zu nennen, als diese mit vielleicht gar wissenschaftlich klingendem Wortgeklingel zu verbrämen.
Was ich für wirklich gefährlich halte: Wenn über Software zum Vorbereiten gezielter Tötung gesprochen wird und niemand Anstoß daran nimmt.
3. Eine pauschale Verdammung von militärischen Aktivitäten halte ich gerade im Falle des schwedischen Militärs für fragwürdig, da gerade hier ja in einer inzwischen mehr als 100-jährigen Tradition gezeigt wurde, dass man mit militärischen Mitteln auch sehr verantwortungsbewusst umgehen kann. In diesem Zusammenhang völlig undifferenziert von "Menschenverachtung" zu sprechen, erscheint mir zumindest fragwürdig.
Ohne Krieg ist Militär sinnlos. Wenn das schwedische Militär also nie in den Krieg ziehen wollte/würde, bräuchte man auch diese Art von Forschung nicht. Einen Verweis auf die bisherige Friedfertigkeit halte ich deshalb für ziemlich irrelevant.
Die einzige andere Möglichkeit wäre, dass solche Programme zur Nichanwendung geschrieben würden. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.
4. Auch mir ist die Vortragszusammenfassung von Herrn Svenson sauer aufgestoßen. Hierbei sollte man sicherlich berücksichtigen, dass, anders als vor dem Hintergrund der leidvollen deutschen Geschichte, in Schweden das Verhältnis zum Militär und militärischem Sprachgebrauch ungebrochen ist. Ich sehe zudem kaum eine Möglichkeit nach einmal ausgesprochener Einladung, den Ankündigungstext eines Vortragenden einer nachträglichen Zensur zu unterziehen.
Niemand hat gefordert, den Ankündigungstext zu zensieren. Das hätte ja auch am eigentlichen Vortrag nichts geändert.

Ich habe keine Ahnung, wie das Verhältnis in Schweden zum Militär ist. Das Wort ungebrochen hört sich aber irgendwie nach "immer noch positiv" an. Ich sehe nicht ein, ein "die meisten Schweden denken so" als Rechtfertigung anzuerkennen.
(…) Vor diesem Hintergrund finde ich es schon recht problematisch, wenn unter einer extrem stark polemisierenden Überschrift,
"Kriegsführung an der Universität Hamburg": Ich sehe das stark polemisierende nicht. Es geht nämlcih genau darum, dass an der Uni Hamburg ein Vortrag über Kriegsforschung gehalten wird.
der meines Wissens nach völlig falsche Eindruck erweckt wird, an der Universität Hamburg werde Kriegsforschung betrieben, dies sei beabsichtigt oder geplant. Gegen eine solche Unterstellung möchte ich mich hiermit ausdrücklich verwahren.
Immerhin gibt es eine Präsidentschaftskandidatin, die das alles nicht ganz so eng sieht. Immerhin könnte die Uni ja mehr Drittmittel
erhalten und einem (vermeintlich) geschenktem Gaul…
Diese Tendenz passt ziemlich gut in die zunehmende Privatisierung und somit Gewinnorientierung. Mir ist da ein Beispiel von vor nicht allzulanger Zeit eingefallen:taz - 23.11.05 - Der Präsident, der Forscher und der Wulff
In der Min-Fakultät wird/wurde soweit ich weiß nach möglichst leisen U-Boot-Antrieben geforscht und im Fakultätsrat ist die Frage nach der Verwertung der Forschungsergebnisse für manche anscheinend auch nur zweitrangig. Eine Existenz, Beabsichtigung oder Planung von /unkritische Haltung zu militärischen Forschungen zu verneinen halte für schon ziemlich gewagt.
Bleibt die Frage, ob man nicht durch die Einladung eines Militärforschers derartig orientierte Forschungen, die man ja eigentlich nicht so gut findet, unzulässig aufwertet und "salonfähig" macht, ein Argument, dass sich nicht so leicht von der Hand weisen lässt. Aus dem oben gesagten sollte aber klar geworden sein, dass ich Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht für ein geeignetes Mittel der politischen Konfliktlösung in einer Demokratie halte, die sich einen militärischen Apparat als legitimes Machtinstrument leistet.
Wäre dieses Mittel geeigneter, würde man das Militär nicht als legitimes Machtinstrument ansehen?

Um jetzt ein bisschen von den konkreten Personen zu abstrahieren: Wenn Themen eingeladen werden, welche zwar problematisch sind aber als ganz normal angesehen werden, schafft man eine Atmosphäre des Normalen. Es erleichtert also "Folgetaten", welche das Leitbild der Uni nach und nach aushölen.

Diese Auseinandersetzung muss man wohl auf einer anderen Ebene führen.
Immer gerne.
Wolfgang Menzel

Ich empfinde die Äußerungen in dem Flugblatt als Schnellschuss. Allen Beteiligten wird sofort die Motivation unterstellt, Kriegsführung zu optimieren. Wie man aber den Vortrag auswerten kann, ist von vornherein doch gar nicht klar..
Wenn jemand explizit von solcher "Optimierung" spricht, kann man ihm dies auch unterstellen. Damit wird noch nicht einmal neues gesagt.
Natürlich kann man vorher noch nicht sagen, wie der Vortrag sein wird. Sonst bräuchte man ja auch zu keinem mehr hinzugehen, da man die Inhalte und alles andere schon vorher wüsste.
Es wäre zudem schön, wenn du solche Behauptungen irgendwie an Textstellen festmachen könntest, dass macht eine Diskussion meist einfacher. Meinst du den Teil? "Wir zeigen Herrn Svenson und denjenigen, die ihn eingeladen haben, was wir von dieser Art der
Forschung halten."
Eine Meinungsäußerung halte ich für eine völlig angemessene Aktion, egal zu welchem Thema.

Wenn ich meine Meinung nicht äußern soll, da dies sonst der Universität schaden könnte halte ich das für ein doch recht verqueres Weltbild. Ich sehe es nicht ein, dass Personen vor Strukturen zurückstecken sollten: Eine Struktur ist nichts ohne Menschen, umgekehrt gilt dies nicht. Eine Struktur daf höchstens Mitell, aber nicht Zweck sein.
Naja, macht das mal unter euch aus.

Das ist die richtige Einstellung…Ich hätte wirklich nichts dagegen, wenn auch der Skepsis skeptisch gegenüberstehende Leute am Montag zum Treffen kommen würden (besseer gesagt: ich würde es sehr begrüßen!), es gibt auch leckeren Kaffee.

Da gehts nicht um Inhalt sondern um die Bewältigung von persönlichen Problemen.
Mich würde wirklich interessieren, wie man dadurch primär persönliche Probleme bewältigt.
Außerdem: Möchtest du da mit sagen, dass es nicht legitim ist, persönliche Probleme zu bewältigen? oder darf man das erste, wenn es kollektive Probleme sind?
Ich sehe das übrigens nicht als rein persönliches Problem: die Wahrscheinlichkeit, dass diese Technologie eingesetzt wird, um nur mich zu ordnen und meine Bewegungen hervorzusagen, damit die schwedische Armee mich dann ausschalten kann ist doch relativ gering.
Ist doch bloß wieder ein reflexartige Aktion der Linken.
Was? sich über Dinge aufzuregen, die irgendwie doof sind? Schrecklich!

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-29 02:43
GroßerSchöpfer
Allen Beteiligten wird sofort die Motivation unterstellt, Kriegsführung zu optimieren. Wie man aber den Vortrag auswerten kann, ist von vornherein doch gar nicht klar..

Ich glaube man kann ohne weiteres unterstellen, die Forschung von Herrn Svenson zielt darauf ab Kriegsführung zu optimieren. Das es solche Leute gibt, ist mir auch klar, und schockiert mich auch nicht besonders. Genauso finde ich es gerechtfertigt die Veranstaltung am Montag dazu zu nutzen um die ethischen Probleme anzusprechen.

Tatsächlich wirft das Flugblatt dem Einladenden, also in diesem Fall Herrn Menzel vor ebenfalls die Motivation zu haben, Kriegsführung optimieren zu wollen oder dem zumindest indifferent gegenüber zu stehen. Diesen Vorwurf kann man nach seinem Posting nicht aufrecht erhalten. Trotzdem legte die Art der Veröffentlichung soetwas nahe. Bzw. ich konnte mir das eigentlich gar nicht erklären, warum der Fachbereich sowas macht.

Es ist tatsächlich ein Fehler, den ich mir zuschreiben muss, dass diese Absichten im Vorfeld des
Kolloquiumsvortrags nicht kommuniziert wurden (Wobei ich natürlich auch jetzt noch nicht so recht weiß, wie man dies wohl hätte am besten erreichen können).

Mir fällt da spontan eigentlich auch nichts besseres zu ein. Aber auf jeden Fall wäre es unproblematisch zu einer Veranstaltung auf der Probleme der militärischen Nutzung von Wissenschaft thematisiert werden auch jemanden einzuladen der eine kontroverse Meinung vertritt.

Ich würde mir wünschen, das der FSR sich bis Montag mit jemanden vom Department über ein geordnetes Verfahren der Diskussionsleitung einigt, das sicherstellt, dass Herr Svenson seinen Vortrag halten kann, und anschließend auch über die ethischen Probleme diskutiert werden kann. Es wäre doch möglich, dass Inhalte der Forschung von Herrn Svenson auch für die ethische Bewertung derselben interessant sind. Den Kopf in den Sand stecken nützt in der Tat nichts, und verhindert keine Kriege.

Ich habe mal an einer ähnlichen Veranstaltung an der Uni Hamburg teilgenommen, wo ein Referent seine ethische Konzeption vorgestellt hat, nach der Selbstmordanschläge auch auf Israelische Zivilisten unter bestimmten Vorraussetzungen gerechtfertigt sind. Die anschließende Diskussion war sehr lebhaft. Der Vortragende ist von den Anwesenden (auch Professoren) sachlich aber bestimmt an die Wand geredet worden. Ist halt die Frage ob man auch bereit ist sich auf eine ethische Diskussion einzulassen, auch wenn das nicht als der eigentliche Zweck der Veranstaltung geplant war.

… der meines Wissens nach völlig falsche Eindruck erweckt wird, an der Universität Hamburg werde Kriegsforschung betrieben, dies sei beabsichtigt oder geplant.

Tja, wenn es so wäre, wäre ich sehr froh, aber sehr sicher bin ich mir da nicht. Ich gehe mal davon aus das Tobias da am Montag ein Beispiel liefern wird. Und in der Informatik wurde in der Vergangenheit darüber nachgedacht, ein interdisziplinäres Zentrum zusammen mit der Universität der Bundeswehr zu gründen. Vielleicht kann man es erreichen, dass das Department sich dazu mal deutlich positioniert.

Und auch die Kandidatin auf das Präsidentenamt (und eine Präsidentin muss höheren Masstäben genügen als jemand der mal einen Vortrag hällt) lässt da wenig gutes erwarten.

Zu guter letzt finde ich es viel dringender, dass Rüstungsforschung und Rüstungsindustrie abgeschafft wird, als das die Bundeswehr (oder die schwedische Armee). Mann erinnere sich nur mal an das Drama als das Landminenverbot durchgesetzt werden sollte (klar kostet alles Arbeitsplätze …), da steckt eine riesige Lobby hinter die natürlich auch auf die Politik und deren Entscheidungen Waffen auch tatsächlich einzusetzten Einfluss nimmt.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-29 02:57
Viciarg
@DeGT: Danke, durch dieses Posting fühle ich mich sehr repräsentiert und meine Meinung vertreten [img]http://www.fb18.de/gfx/23.gif[/img]

@Wolfgang Menzel: Danke, durch Ihr Posting wird mir die Bestrebung des [strike]Fachbereichs[/strike] Departements deutlich und ich kann Ihre Zielsetzungen durchaus nachvollziehen.

@Rest: Jo, ich kann beides verstehen, das mag einer der Vorteile sein, von sich zu behaupten, unpolitisch [strike]oder[/strike] und opportunistisch zu sein. [img]http://www.fb18.de/gfx/25.gif[/img]

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-29 03:03
GroßerSchöpfer
Ich habe keine Ahnung, wie das Verhältnis in Schweden zum Militär ist. Das Wort ungebrochen hört sich aber irgendwie nach "immer noch positiv" an. Ich sehe nicht ein, ein "die meisten Schweden denken so" als Rechtfertigung anzuerkennen.

Die Schweden hatten halt mehr Glück mit ihren Regierungen, als wir.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-29 05:04
Anarch
Gleich zu Beginn ein klares Bekenntnis: Ich bin derjenige, der Pontus Svenson eingeladen hat, einen Kurs an der genannten Sommerschule zu halten.

Vielen Dank auch von mir, dass Sie sich hier äußern.

Ich habe dies getan,

- weil ich in ganz Europa keinen Wissenschaftler gefunden habe, der sich mit dem zunehmend wichtigen Problem der Informationsfusion auf konzeptueller Ebene in einem nicht-miltärischen Anwendungsgebiet auseinandersetzt (leider, leider) und der gleichzeitig über einschlägige Lehrerfahrungen im Bereich der öffentlichen Universitäten verfügt.

Die Empörung entstand auch nicht durch die Beteiligung von Herrn Svenson an ELSNET'06, sondern durch den Kolloquiumsvortrag.

Ich verstehe sehr gut, dass militärisch ausgerichtete Forschung auf massive Kritik friedensbewegter Menschen (zu denen auch ich mich rechne) stößt, möchte doch aber folgendes zu Bedenken geben:

1. Es löst kein Problem, wenn man militärisch orientierte Forschung nicht zur Kenntnis nimmt. Im Gegenteil, ich halte dies für eine elementare Voraussetzung, um sich ernsthaft damit auseinandersetzen zu können. (Dies war im konkreten Fall jedoch nicht die primäre Intention für die Einladung).

Zur Kenntnis nehmen und eine Einladung zu einem Kolloquiumsvortrag sind zwei verschiedene Dinge. Mit der Einladung bekundet man Interesse an der Forschung, und mit dem Interesse bekundet man Unterstützung für die Forschung. Und genau diese Unterstützung finde ich problematisch, wenn es dabei um militärische Themen geht.

2. Ich sehe es auch als eine Aufgabe der Universität an, ein öffentliches Bewusstsein für aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft auch im Bereich der Militärforschung und der dual-use-Forschung herzustellen.

Inwiefern schafft denn ein Vortrag über Militärforschung ein öffentliches Bewusstsein über „dual-use-Forschung“? Von „dual use“ kann man sprechen, wenn eigentlich friedliche Forschung für Kriege verwendet wird. Das liegt hier ja recht deutlich nicht vor. Das Bewusstsein für „dual use“ sollte ja genau sein, dass selbst friedlich aussehende Forschung gefährdet ist, für Kriegszwecke missbraucht zu werden. Deswegen sollte man bei aller Forschung vorsichtig sein und das Für und Wider abwägen. Dies setzt aber vorraus, dass man Kriegsforschung ablehnt, sonst wäre ein Bewusstsein für „dual use“ ja irrelevant. Wenn nun Forschung daherkommt, die sich ganz explizit als „Kriegsforschung“ bezeichnet, handelt es sich nicht mehr um ein Bewusstsein für „dual use“, sondern um ein Bewusstsein, das dem entspricht, das man entwickeln sollte, wenn man feststellt, dass die eigene friedliche Forschung für das Militär verwendet wird.

Und genau diese Fragestellung muss hier gestellt werden.

Insofern würde ich mich freuen, ein Bewusstsein für Militärforschung am Montag bei einer Diskussion über wissenschaftliche Ethik mit Herrn Svenson zu schärfen.

Ich halte es auch für besser, die tatsächlichen Ziele von Forschungsaktivitäten konkret beim Namen zu nennen, als diese mit vielleicht gar wissenschaftlich klingendem Wortgeklingel zu verbrämen.

In der Tat – der Versuch, an der Universität Hamburg wichtige Technologien für ein U-Boot zu erforschen, indem man scheinbar unabhängige Aufträge erteilt, sorgte ja vor nicht all zu langer Zeit für einigen Aufruhr. Insofern ist man durch eine Ablehnung von offensichtlich militärischer Forschung noch nicht vor selbiger geschützt.

Hieraus würde ich allerdings folgern, dass man sich all dessen bewusst sein sollte, und den Überblick behalten sollte, und eben nicht, dass es egal ist, was und wofür man nun forscht.

3. Eine pauschale Verdammung von militärischen Aktivitäten halte ich gerade im Falle des schwedischen Militärs für fragwürdig, da gerade hier ja in einer inzwischen mehr als 100-jährigen Tradition gezeigt wurde, dass man mit militärischen Mitteln auch sehr verantwortungsbewusst umgehen kann. In diesem Zusammenhang völlig undifferenziert von "Menschenverachtung" zu sprechen, erscheint mir zumindest fragwürdig.

Ich mag Pessimist sein, aber ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass die Militärforschung für Schweden in Schweden bleibt. Mal ganz davon abgesehen, dass Militärforschung nicht sonderlich viel besser wird, wenn sie „in absehbarer Zeit“ nicht eingesetzt wird.

4. Auch mir ist die Vortragszusammenfassung von Herrn Svenson sauer aufgestoßen. Hierbei sollte man sicherlich berücksichtigen, dass, anders als vor dem Hintergrund der leidvollen deutschen Geschichte, in Schweden das Verhältnis zum Militär und militärischem Sprachgebrauch ungebrochen ist. Ich sehe zudem kaum eine Möglichkeit nach einmal ausgesprochener Einladung, den Ankündigungstext eines Vortragenden einer nachträglichen Zensur zu unterziehen.

Wie Sie auch, bin ich sehr froh darüber, dass hier keine „Zensur“ (vermutlich durch wissenschaftlich klingendem Wortgeklingel) stattgefunden hat, weder durch den Vortragenden selbst noch durch den Einladenden. Und gerade wenn Herrn Svenson die Problematik von Militärforschung durch eine „ungebrochene Vergangenheit“ nicht klar ist, ist es doch nur sinnvoll, dies anzusprechen.

Denn die „leidvolle deutsche Geschichte“ hat uns ja nicht gelehrt, dass explizit das deutsche Militär problematisch ist, sondern dass hierarchische Militärs im Allgemeinen große Probleme haben. In Deutschland hat sich das nur sehr extrem gezeigt. Hoffen wir, dass wir diese „Sonderrolle“ behalten, ich fände es ungünstig, wenn jedes Land diese Lehren separat ziehen müsste (und das auch alle paar hundert Jahre neu lernen müsste, wenn man sich die Geschichte mal anschaut…).

Unter dem letzten Gesichtspunkt kann man die Einladung an Herrn Svenson durchaus auch als einen Versuch der Konversion ("Schwerter zu Pflugscharen") verstehen

Auch wenn ich diese Intention lobenswert findet, glaube ich nicht, dass sie einen solchen Vortrag rechtfertigt. Man sollte auch ehrlich gegenüber Herrn Svenson sein und ihm die eigene antimilitaristische Position darlegen, und ihn auch ganz konkret mit dieser Debatte konfrontieren. Und die Frage ist auch nicht, ob man nicht zufällig die militärische Forschung auch für zivile Zwecke verwenden kann, sondern ob man militärische Forschung gut und unterstützenswert findet.

Vor diesem Hintergrund finde ich es schon recht problematisch, wenn unter einer extrem stark polemisierenden Überschrift, der meines Wissens nach völlig falsche Eindruck erweckt wird, an der Universität Hamburg werde Kriegsforschung betrieben, dies sei beabsichtigt oder geplant. Gegen eine solche Unterstellung möchte ich mich hiermit ausdrücklich verwahren.

Auch wenn ich nicht glaube (und nie geglaubt habe), dass Sie sich für Militärforschung einsetzen, sollte man nicht die Augen davor verschließen, dass an der Universität Hamburg durchaus Militärforschung betrieben wird. Auch im Hinblick auf die recht unkritische Position einer Kandidatin für den Präsidentenposten zu solcher Forschung.

Bleibt die Frage, ob man nicht durch die Einladung eines Militärforschers derartig orientierte Forschungen, die man ja eigentlich nicht so gut findet, unzulässig aufwertet und "salonfähig" macht, ein Argument, dass sich nicht so leicht von der Hand weisen lässt. Aus dem oben gesagten sollte aber klar geworden sein, dass ich Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht für ein geeignetes Mittel der politischen Konfliktlösung in einer Demokratie halte, die sich einen militärischen Apparat als legitimes Machtinstrument leistet. Diese Auseinandersetzung muss man wohl auf einer anderen Ebene führen.

Oder man ist der Ansicht, dass sich unsere Demokratie einen solchen militärischen Apparat nicht leisten sollte. :-)

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-30 15:34
momobob
Wisst ihr, was das Problem von euch linken Pazifisten ist? Es ist euer fehlender Blick für die harte Realität. Und die wenigen von euch, die ihn haben, ziehen unter falschen Annahmen auch noch falsche Schlüsse daraus.

Tatsache ist, dass solange wir nicht in einer Friede-Freude-Eierkuchen-Welt leben, Militär zwingend notwendig ist! Und dadurch, dass ihr euere Abneigung gegenüber militärischer Forschung bekundet, werdet ihr keinen Weltfrieden erreichen! Es ist eine widerwärtige polemische und populistische Eigenheit von euch, jedem Militär zu unterstellen, es sei für den Angriffskrieg geschaffen. Militär ist vorrangig zur Verteidigung des Vaterlandes da. Es hat im übrigen auch andere Verwendungszwecke, die rein positiv zu sehen sind. Wie z.B. Einsatz in Katastrophenfällen oder Gebiete befrieden.

Wenn ihr jetzt daher kommt und auch die Landesverteidigung als "böse" anseht dann verliere ich ganz den Glauben an euch.

Wenn andere gerüstet sind und ich nie wissen kann, was sie vorhaben, dann will ich nicht mit runtergelassenen Hosen dastehen, wenn ich angegriffen werde. Euren Frieden könnt ihr auf politischer und gesellschaftlicher Ebener versuchen zu erreichen. Wenn man Frieden auf der Welt geschaffen hat, dann kann man darüber reden das Militär und entsprechend die Forschung dafür zu reduzieren. Solange das aber nicht der Fall ist, setze ich mich gerne dafür ein, dass das Land meiner Wahl, im Moment Deutschland (später vielleicht ein anderes), ein möglichst effektives Militär hat.

Ich werde auch der Veranstaltung von Herrn Svenson gerne beiwohnen und erwarte, dass sie nicht gestört wird. Kritik ja, Krawall nein.

Besinnen wir uns also auch mal auf das Positive am Militär. Wie heißt es so schön:

Glüht der Lauf,
Blüht Frieden auf!

Ja, im Herzen bin auch ich ein Pazifist!

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-30 16:46
garou
Es ist eine widerwärtige polemische und populistische Eigenheit von euch, jedem Militär zu unterstellen, es sei für den Angriffskrieg geschaffen. Militär ist vorrangig zur Verteidigung des Vaterlandes da.
Militär ist dazu da, durch die Anwendung von Gewalt eine vom Land wahrgenommene Gefahr zu beseitigen. Dieses kann die Abwehr eines das Land angreifenden Militärs sein oder, wie in letzter Zeit immer beliebter, die Neutralisierung einer Gefahr für das Land, die von einem anderen Land ausgeht, man beachte die Symmetrie dieser beiden Fälle.

Es hat im übrigen auch andere Verwendungszwecke, die rein positiv zu sehen sind. Wie z.B. Einsatz in Katastrophenfällen oder Gebiete befrieden.
Das ist kein spezieller Vorzug des Militärs, dafür gibt es eigentlich THW und Konsorten, die darauf besser vorbereitet sind, und wenn deren Kräfte aufgebraucht sind, dann sind Militärs bestenfalls besser als der örtliche Kegelverein, weil sie mehr Geräte und trainierte Menschen haben. Aber alles, was man von der Bundeswehr während der Oderflut gesehen hat, waren Leute beim Sandsäcke-füllen und -schleppen, dazu braucht es keiner militärischen Ausbildung.
Im übrigen gehe ich gerade nur von mir positiv erscheinenden Beispielen aus. Erinnern wir uns mal, was in New Orleans geschah: Ordnungskräfte pferchen Leute in einer dafür nicht geeigneten Halle ein, treiben Menschen in überflutete Gebiete, verhindern mit Waffengewalt die "Plünderung" von Lebensmittelgeschäften (Das Verbleiben von Milch in den ausgefallenen Kühlregalen ist sicher höher zu bewerten als die Ernährung von Leuten, die (aussichtslos) auf eine Evakuierung warten.), tun also kurz gesagt ihr bestes, die Situation zu verschlechtern, *weil der Befehl es so sagt*.
Der Friede, der durch militärische Befriedung gebracht wird, ist ein Friede, der durch Gewaltandrohung und -demonstration erzeugt wird. Ein solcher Frieden kann nicht lange halten, ohne daß umso entschlossenerer Widerstand entsteht (wie zur gleichen Zeit die Louisiana National Guard in Bagdhad herausfinden durfte).

Wow, wenn ich jetzt noch den Rest der trollbait schlucke, tippe ich mir noch die Finger blutig…

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-30 17:26
Viciarg
@momobob:

Weißt Du, was das Problem von Dir verallgemeinerndem, oberflächlichen Militärverfechter ist? Es ist Dein fehlender Blick für die harte Realität. Und falls Du ihn hast, ziehst Du unter falschen Annahmen auch noch falsche Schlüsse daraus.

Tatsache ist, dass das Militär dafür verantwortlich ist, daß wir nicht in einer Friede-Freude-Eierkuchen-Welt leben! Und dadurch, dass Du anfängst, ad hominem zu argumentieren, wirst Du keinen der sogenannten „linken Pazifisten“ auch nur überzeugen! Es ist eine widerwärtige polemische und populistische Eigenheit von Dir, jedem der gegen das Kolloquium an sich ist, zu unterstellen, er sei ein linker, polemischer, widerwärtiger Pazifist.

etc.pp. … merkst Du was?

rein positiv … "böse"

Schwarz-Weiß-Denken hat keinem geholfen, jedes Ding hat zwei Seiten.

Wenn andere gerüstet sind

Im Idealfall sind sie das ja nicht …

[ ] Du hast Pazifismus verstanden.

Es gibt übrigens einige Staaten die kein eigenes Militär haben, bspw. das strategisch günstig gelegene Island, aus dem selbst die dort stationierten knapp 2000 US-Soldaten in diesem Jahr noch abgezogen werden.

Wenn man Frieden auf der Welt geschaffen hat, dann kann man darüber reden das Militär und entsprechend die Forschung dafür zu reduzieren.

Ich glaub, Du siehst da die Kausalitäten falsch: Solange es Militär gibt, wird es eingesetzt werden.

und erwarte, dass sie nicht gestört wird. Kritik ja, Krawall nein.

Sonst? Drohst Du den Kritikern mit Waffengewalt?

Glüht der Lauf,
Blüht Frieden auf!

Erzähl das mal bitte den Angehörigen der Opfer im Zweiten Weltkrieg, den Leuten, die immernoch an den Folgen der amerikanischen Atombombenabwürfe sterben, den Angehörigen der im Irak gefallenen Soldaten und getöteten Zivilisten, den aus dem Vietnam mit schweren psychischen Schäden heimgekehrten US-Soldaten etc.pp. Merkst Du was? Sarkasmus ist ne tolle Sache, man muß aber auch in der Lage sein, sie richtig anwenden zu können.

Ja, im Herzen bin auch ich ein Pazifist!

[ ] Du bist Pazifist.
[ ] Du hast Pazifismus verstanden.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-30 19:00
Anarch
Wisst ihr, was das Problem von euch linken Pazifisten ist?

Hachja…

Ich glaube nicht, dass ich mit meiner Einstellung zu Militär und Militanz viele Freunde hier finde, von daher lasse ich die Erklärung mal. Aber falls es dich beruhigt: Pazifist bin ich nicht.

Wenn ihr jetzt daher kommt und auch die Landesverteidigung als "böse" anseht dann verliere ich ganz den Glauben an euch.

Oh, ich glaube sehr wohl, dass „böse“ ein nicht unpassender Begriff dafür ist, „Deutschland am Hindukusch [zu] verteidigen“. Das ist reine Politikerscheiße, mit der Angriffskriege als Verteidigung begründet werden sollen. Gehört das zu deinem Verständnis von „Verteidigung des Vaterlandes“?

Auch glaube ich nicht, dass die Forschung, die in unseren Ländern durchgeführt wird, in irgend einer Form den Ländern zugute kommt, die sich in den letzten Jahren gegen Angriffskriege verteidigen mussten (genaugenommen hoffe ich es nicht, das waren größtenteils Länder, die kein Deut besser waren als die Angreifer).

(Mein Name hier kommt nicht von ungefähr, aber ich lasse jetzt mal die Nationalismuskritik)

Wenn andere gerüstet sind und ich nie wissen kann, was sie vorhaben

Ja, und genau so denken „die Anderen“ auch über dich, wenn du dich rüstest. Dass das ein Teufelskreis ist, ist dir klar, oder?

Wenn man Frieden auf der Welt geschaffen hat, dann kann man darüber reden das Militär und entsprechend die Forschung dafür zu reduzieren.

Klingt Leninistisch.
Man nimmt den Staat, erzieht damit die Leute solange, bis sie „gut“ sind, und dann stirbt er ganz von alleine ab.
Man nimmt das Militär, schüchtert damit die Leute solange ein, bis sie „friedlich“ sind, und dann stirbt es ganz von alleine ab.

Ne, sorry, kann ich nicht teilen, diese Einstellung.

Besinnen wir uns also auch mal auf das Positive am Militär.

Kameradschaft! Befreiung! Gerechtigkeit!

Wie heißt es so schön:

Fighting for peace is like fucking for virginity.

Glüht der Lauf,
Blüht Frieden auf!

Das Zitat stammt von einem Graffiti aus dem Egoshooter Red Faction, in dem man als Teil einer authoritätslinken Arbeiterorganisation einen staatsähnlichen Konzern bekämpft. Dieses Zitat sollte als zynischer Humor gewertet werden.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-30 22:39
FireTiger
[…]
Ja, und genau so denken „die Anderen“ auch über dich, wenn du dich rüstest. Dass das ein Teufelskreis ist, ist dir klar, oder?
[…]
Aber ist es nicht andersrum genauso? Wenn jetzt alle sagen würden: Ne, Kriegsforschung machen wir nicht, ist Moppelkotze.
Dann würde es doch reichen, wenn einer doch diese Forschung betreibt um den Rest der Welt mit überlegender Technik und einem Militär (das die anderen nicht haben) anzugreifen.
D. h. je weniger Staaten an Waffen forschen, desto mehr Anreiz besteht für einzelne Staaten das doch zu tun?

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-06-30 23:55
Anarch
D. h. je weniger Staaten an Waffen forschen, desto mehr Anreiz besteht für einzelne Staaten das doch zu tun?

Nein. Wenn man mal von absolut expansionistischen Staaten ausgeht: Wenn kein Staat an Waffen forscht, braucht ein Staat nur minimal zu forschen, um einen Vorsprung zu haben. Also hat er nur geringen Anreiz. Je mehr Staaten forschen, desto mehr Druck gibt es für jeden einzelnen Staat nicht zurückzufallen, was die gegenseitige Forschung massiv antreibt.
Das ist die Grundlage der Konkurrenztheorie, nach der durch Konkurrenz die allgemeine Produktion beschleunigt wird.

Aber du gehst davon aus, dass die Forschung nur zur Verteidigung und Drohung eingesetzt wird. Das ist aber schlichtweg falsch. Die meisten aktuellen großen Konflikte wurden von westlichen Ländern begonnen. Und diese erhalten eben auch Forschungsergebnisse aus solcher Forschung.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-01 01:42
Anonymer User
„Jedenfalls lebt kein vollsinniger Kaufmann auf dieser Erde, der Milliarden und Milliarden in ein Geschäft hineinsteckt, das er niemals auszunutzen gedenkt. Das tut aber der Militarismus. Und es gibt da so eine Art Naturgesetz: was man jahrelang, mit dem Aufwand der äußersten Geldeinlagen, vorbereitet, das muß sich eines Tages von selbst auslösen. Geladene Gewehre gehen einmal los.“
(Kurt Tucholsky, „‚Gesunder Pazifismus‘“, 1928.)

Die Öl- und Rüstungsindustrie, die maßgeblich den derzeitigen US-Regierungskurs vorgibt, hat im Irak enorm verdient (Ausrüster Halliburton hat seine Gewinne darüber verdreifacht). Die Handelkammer Hamburg hat geschimpft und gezetert, als die Friedensbewegung das "Nein" der deutschen Regierung zum Irakkrieg errungen hat (mittlerweile wissen wir, wie dehnbar das nein wirklich war: Überflugsrechte, BND, Verletzte zusammenflicken…).

Nun soll der Iran überfallen werden, es geht wiederrum ums Öl. Die gestiegenen Verbraucherpreise steigern zusätzlich die Profitmargen, und damit die Bereitschaft alle Schranken zu brechen. Die Profitgier kennt keine humane Grenze.
Die Weltbevölkerung lehnt dies mehrheitlich ab, der Bogen ist überspannt. Die europäischen Regierungen müssen die Profite per Verhandlungen und ohne Kriegsdrohung zu sichern suchen. Das ist ein Erfolg der Friedensbewegung.

Es sind unter anderem sogenannte Wissenschaftler, die gesteigerte Profite und eben auch mit Krieg ermöglichen sollen. Technokatisch, als sei es ein Computerspiel, wird geforscht, was anderen zum lukrativen morden-lassen nutzt. Wer meint, dass er mit Waffengewalt verteidigt würde, und dass ihm die eigene Unterordnung unter das Verwertungsdiktat nutzen würde, wer meint, das geprotze, ihm würde die Brutalität dieser Zeit nicht zu schaffen machen, er sei so stark (also so brav vor den Mächtigen), dass ihm das nur recht sein könne, ja der sollte mal tief durchathmen, ein Glas Wasser trinken und den Wirtschaftsteil einer x-beliebeigen Zeitung aufschlagen.

Die Menschheit hat besseres hervorgebracht, den imensen menschlichen Reichtum zu nutzen. Die humane und friedliche Entwicklung der Gesellschaft zur Verbesserung der eigenen Lebensbedingungen solidarisch anzustreben sollte auch ein originäres Anliegen der Wissenschaft und der Wissenschaftler sein. Die Bedingungen für solches Wissen-schaffen müssen wir erkämpfen. Gebührenfreiheit gehört mit Sicherheit dazu, eine Rüstungspräsidentin mit Sicherheit nicht, und die Unbesorgtheit beim Einladen von Wissenschaftlern auch nicht.

„Krieg wird nicht unnötig
Wenn er nicht geführt wird
Sondern nur wenn er unnötig ist
Braucht er nicht geführt zu werden.“


(Bertolt Brecht, Richtigstellung)

Krieg ist überflüssig zu machen.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-02 13:49
Anarch
Wie ich soeben erfahren habe, wird auf Bestreben von Herrn Menzel das Kolloquium um 17 Uhr ganz offiziell mit einer Diskussion über wissenschaftliche Ethik und Kriegsforschung in der Informatik beginnen.

Das ist in Etwa das, was ich mir für dieses Kolloquium gewünscht hatte: Eben ein Reflektieren über das, was dort eigentlich getan wird. Ich hoffe auf rege Teilnahme.

Vielen Dank an Herrn Menzel!

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-02 14:32
Viciarg
Das find ich doch mal super. Bleibt nur noch zu hoffen, daß der Anonyme, der da vorher das Liste-Links-Flugblatt in unser Forum gepostet hat, nicht der Meinung ist, das Kolloquium müsse um jeden Preis verhindert werden, um dem Kriegstreiber keine Plattform zu bieten.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-02 20:25
DeGT
So, "the technical part is over".

Wir hatten zuerst eine halbe Stunde Diskussion über Wissensschaftsethik und jetzt wieder. Dazwischen war der eigentliche Vortrag.

Der eigentliche Vortrag war ein breiter Überblick über die Möglichkeiten und technisch ziemlich oberflächlich.

Svenson hat die Meinung vertreten, die European Batlle Group sei dafür da, Streit zu schlichten und sonstige nette Sachen zu tun (hört sich jetzt doof an, aber ich bekomme es einfach nicht mehr zusammen, polizeiangelegenheiten und so). Er würde nur die Technologie bereitstellen, die Frage der Benutzung sei Sache der Politiker und man müsse Vertrauen in diese haben, dass sie Das Richtige™ machen.

Die Diskussion läuft im Moment noch.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-02 21:24
Marrow
Die Diskussion war mir streckenweise doch etwas zu sehr schwarz/weiß.
Ich glaube, das weckte bei einigen Unmut und/oder Abwehr, was der Diskussion geschadet hat. [img]http://www.fb18.de/gfx/26.gif[/img]

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-02 22:40
Brokkoli
Er würde nur die Technologie bereitstellen, die Frage der Benutzung sei Sache der Politiker und man müsse Vertrauen in diese haben, dass sie Das Richtige™ machen.

na das ist ja mal ein tolles argument [img]http://www.fb18.de/gfx/7.gif[/img]

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-02 23:18
Viciarg
Opportunismus kann auch was tolles sein …

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-02 23:22
garou
Das Kolloquium bestand aus einem Vortrags- und zwei Diskussionsteilen, die ich hier ohne chronologische Reihenfolge, dafür mit jeder Menge Subjektivität darstellen werde.

Der Vortragsteil stellte das Milwiki (ein Mediawiki für Militärs mit semantischen Erweiterungen, wahrscheinlich OntoWorld recht ähnlich), die Möglichkeit zur Überwachung und Prädiktion von Feindeinheiten und die darauf erfolgende Verteilung von Sensoren (nicht aber die problemspezifischen Techniken, Algorithmen und Ansätze) sowie die Existenz von Social Networks vor. Was denn Entitäten auf dem Schlachtfeld sind und wie die Relationen zwischen ihnen definiert sind, wurde leider nicht erwähnt.

Der Diskussionsteil bestand vor allem im Zusammenprall einer entschieden kriegsfeindlichen und einer, öhm, "mittleren" Position. Letztere zeichnete sich durch die Ansicht aus, daß auf dieser Welt schlimme Dinge (z.B. Genozide) passieren, bei denen ein Militär als Polizeiersatz intervenieren muß, in der Hoffnung, daß nach einem solchen Einsatz unter dem Strich ein positiveres Ergebnis herauskommt. Diese Eingriffe müssen von einem politischen Apparat, der den Mißbrauch dieser Macht verhindert, authorisiert werden. Als positives Ergebnis wurde die Verhinderung von Genoziden im Kongo aufgeführt.
Die kriegsfeindliche Position vertrat die Ansicht, daß Kriege nie (bzw. schon seit geraumer Zeit) die Gesamtsituation der Bevölkerung der betroffenen Gebiete zum Positiven verändern würden, und daß der politische Kontrollapparat bereits jetzt massiv versagen würde.
Die Diskussion wallte lange hin und her, ohne daß ein mir erkennbarer gemeinsamer Boden bzw. eine gemeinsame Ethik gefunden werden konnte.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 00:26
TriPhoenix
Ich fand es sehr schade, dass die Diskussion streckenweise dahin ging, wie man den Weltfrieden herbeibringt und Ähnliches. Auch wenn das sicherlich ein gerne zu lösendes Problem ist was in gegebenen Kreisen auch gerne diskutiert werden kann, fand ich es dort etwas fehlt am Platz (und mal ehrlich: mit den verschiedenen Meinungen und Wertvorstellungen im Raum war da auch keine Lösung abzusehen). Auch wenn ab und zu in die Richtung geschlagen wurde, kam das Thema "Verantwortung der Wissenschaft und Forschung an der Universität", also das was uns konkret betrifft und wo wir handeln können, meiner Meinung nach zu kurz.

Die Resolution am Ende kam glaube ich auch etwas komisch rüber (findet sich schon irgendwo eine Veröffentlichung?). Zudem hatte ich auch das Gefühl, dass da schon wieder einiges vermischt wurde. Die neue potentielle Unipräsidentin passte ja noch Topicmäßig aber irgendwo flog da auch schonwieder Gebührenfreiheit rum. Versteht mich nicht falsch, ich bin weder ein Freund von militärisch orientierter Forschung, noch von Studiengebühren, aber in einer Resolution von 20 Leuten (die bei weitem nicht alle dafür waren) drei verschiedene Adressaten mit 2 verschiedenen Themen abzuhaken und das noch mit einem relativ umstrittenen Text (der ja immerhin noch abgeändert wurde) ist in meinen Augen wenig effektiv. Dann doch lieber dort nur auf das Thema "militärisch orientierte Forschungsbeiträge im Kolloquium" abzielen, und zwar in einer Formulierung, dass man nicht sofort auch die letzten Lehrenden (und effektiv Verantwortlichen) verjagt, denn an die geht es im Endeffekt doch.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 00:29
Marrow
Tri: Zustimmung von mir. [img]http://www.fb18.de/gfx/14.gif[/img]

Gerade durch die angebotene und stattgefundene Diskussion fand ich das "kriegsverharmlosend" doch unpassend.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 00:51
GroßerSchöpfer
Ich fand es sehr schade, dass die Diskussion streckenweise dahin ging, wie man den Weltfrieden herbeibringt und Ähnliches. Auch wenn das sicherlich ein gerne zu lösendes Problem ist was in gegebenen Kreisen auch gerne diskutiert werden kann, fand ich es dort etwas fehlt am Platz (und mal ehrlich: mit den verschiedenen Meinungen und Wertvorstellungen im Raum war da auch keine Lösung abzusehen). Auch wenn ab und zu in die Richtung geschlagen wurde, kam das Thema "Verantwortung der Wissenschaft und Forschung an der Universität", also das was uns konkret betrifft und wo wir handeln können, meiner Meinung nach zu kurz.

Das Problem war ja, das wir im wesentlichen mit Herrn Svenson diskutiert haben. Das ist auch schön und gut und war nicht uninteressant, aber da waren die Gegensätze doch so groß, das mit keiner Einigung zu rechnen war. Die viel interessantere Frage ist eigentlich was das für unseren Fachbereich bedeutet, ist es ok heute im Kolloquium über Anwendungen von Informatik in der Mednizin und morgen über militärische Anwendungen der Informatik zu reden, oder ob es da einen wichtigen Unterschied gibt, der auch kommuniziert werden muss. Und ob es militärische Forschung an unserem Fachbereich geben darf.

Das Wort Studiengebühren kam in der Resolution nicht vor. Es ging darum das Wissenschaft so finanziert sein muss, das keine Abhängigkeit von Drittmitteln aus Rüstungsindustrie und Militär besteht und die Forschung dann auch auf Projekte ausgerichtet werden kann, die Frieden schafft indem die Ursachen von Krieg beseitigt werden.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 00:56
TriPhoenix
Das Wort Studiengebühren kam in der Resolution nicht vor. Es ging darum das Wissenschaft so finanziert sein muss, das keine Abhängigkeit von Drittmitteln aus Rüstungsindustrie und Militär besteht und die Forschung dann auch auf Projekte ausgerichtet werden kann, die Frieden schafft indem die Ursachen von Krieg beseitigt werden.

Okay, dann war das nicht so formuliert, dass ich es noch so verstanden hatte. Zu der Zeit und den Forderungen an diverse Gremien habe ich wohl den Überblick verloren, den Punkt nehme ich in sofern zurück, dass ich es ungünstig formuliert fand.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 00:57
low_level
Das Wort Studiengebühren kam in der Resolution nicht vor. Es ging darum das Wissenschaft so finanziert sein muss, das keine Abhängigkeit von Drittmitteln aus Rüstungsindustrie und Militär besteht und die Forschung dann auch auf Projekte ausgerichtet werden kann, die Frieden schafft indem die Ursachen von Krieg beseitigt werden.

Ja, "es ging darum", es wurde aber nicht so deutlich im Text gesagt. Besonders fehlte das Wort "Drittmittel". Aber bei einer Resolution, die von "den Kolloquiumsbesuchern, die bis zum Ende der Diskussion geblieben sind" mit 11+:3e:5- verabschiedet wurde, rechne ich auch nicht mit einer Veröffentlichung.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 03:30
Anarch
Meine Herrin war das ein miserabler Vortrag. Absolut Inhaltsfrei. Dabei hat der über Zeug geredet, mit dem ich mich ziemlich beschäftige und für das ich mich interessiere. Schade. Also, er hat einmal kurz angedeutet, was man denn machen kann mit dem, was sie so machen, ist aber nie wirklich darauf eingegangen, wie er das denn macht.

Womit er sich beschäftigt sind zum Einen Kommunikationsmethoden innerhalb des Militärs, wobei er in diesem Zusammenhang ein Wiki-Konzept erwähnt hat. Irgendwie haben sie da was an MediaWiki verbessert, und innerhalb der dreiwöchigen Testzeit ist die Verwendung gestieben. Mehr gab es dazu nicht. Zum Anderen beschäftigt er sich damit herauszufinden, welche Gefahren von bestimmten Entitäten auf dem Schlachtfeld ausgehen, um daraus zusammen mit der Motivation dieser Entitäten zu erschließen, welches Ziel diese Entitäten denn jetzt so haben. Das hilft dem Kommandanten dann irgendwie, seine Entscheidungen zu fällen. Mehr gab es hierzu auch nicht.

Um Falschinformation und gezielter Desinformation, also den Missbrauchsmöglichkeiten eines solchen Systems, vorzubeugen, weiß er auch keinen Rat, er schlägt „mehr Sensoren“ vor, die dann halt helfen.

Die Diskussion war lebhaft, aber leider dominiert von einigen wenigen. Ich hätte mich gefreut, wenn ein breiteres Spektrum von Meinungen rübergekommen wäre.

Die Teilnahme durch Professoren war übrigens wirklich ernüchternd. Bei der Vordiskussion wurde zwar noch im Nebensatz gesagt, dass es ja toll sei, dass wir Studierende uns so schön engagieren, aber derjenige will jetzt den Vortrag sehen. Und nachdem der Vortrag sich als recht schlecht herausgestellt hat, sind diejenigen gegangen – spätestens nach dem Vortrag selbst waren alle Lehrende bishauf die Veranstalter Herr Menzel und Herr von Hahn verschwunden. Das finde ich schade, ist die Fragestellung doch gerade auch für die Forscher brisant. Aber ich gehe einfach mal davon aus, dass viele gerne gekommen wären, aber leider zeitlich verhindert waren.

Die Studierenden waren übrigens sehr gut vertreten, was mich sehr gefreut hat. Auch das Meinungsspektrum war sehr breit, von der totalen Ablehung von Rüstungsforschung bishin zu der Einstellung, dass das doch schon ganz ok ist, daran mal zu forschen.

Denn was ist denn das Ziel bei einer solchen Veranstaltung? Dass Herr Svenson rausgeht und denkt, „stimmt, ihr habt recht, Krieg ist Moppelkotze, ich kündige morgen“? Wohl eher nicht. Wenn die Debatte so einfach wäre, und es so einfache Argumente – auf egal welcher Seite – gäbe, würde sie nicht seit Jahrzehnten so erhitzt geführt werden.

Das Ziel ist doch viel mehr, dass Kriegsnahe Aktivitäten wie eben die Forschung des Herrn Svenson, wie eben die Forschung an U-Booten in der Geomatik, wie eben der unkommentierte Stellengesuch für Militärforschung nicht einfach so hingenommen werden, sondern explizit diskutiert werden. Es muss ein Bewusstsein für diese Problematik da sein.

Jeder Einzelne soll darüber nachdenken und seine Meinung bilden, und sich eben auch der Dimension seiner Entscheidung bewusst sein. Es mag zwar einige stören, aber ob man ganz selbst persönlich Rüstungsforschung betreibt oder nicht hat nunmal weltpolitische Auswirkungen. Und dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man die Entscheidung für sich trifft. Wenn jeder Einzelne diese Entscheidung bewusst trifft, wenn man sich eben nicht hinsetzt und sagt, ist doch egal was ich tue, wenn man die Verantwortwung für diese Entscheidung voll übernimmt und sich dessen bewusst ist, dann ist eigentlich alles erreicht, was man sich als Resultat von solchen Aktionen wünschen kann.

Und wenn ich mir diese Frage stelle, komme ich durchaus zu solchen Fragen wie „gibt es denn keine Andere Möglichkeit“, bei der ich durchaus auch die Möglichkeiten für den Weltfrieden erwägen muss. Und wenn ich bei dem Punkt bin, dass Wissenschaftler eben wegen der ethischen Problematik frei entscheiden können müssen, dann kommt als nächste Überlegung, wo denn Wissenschaftler bei dieser Entscheidung beschränkt werden. Und da kommen ich zu Drittmitteln, und würde mir wünschen, dass der Staat die Universitäten eben nicht von diesen Drittmitteln abhängig machen würde. Insbesondere wenn diese Drittmittel vom Militär kommen, also auch wieder vom Staat, der das Geld auch gleich in die Universitäten stecken könnte. Und in die gleiche Richtung geht das Jobangebot als SHK für kriegsnahe Forschung, das letztes Jahr oder so rumging. Muss man jeden Job annehmen? Als Student, weil man kein Geld hat? (Diese Frage auf Studenten zu begrenzen halte ich jedoch für falsch, weshalb ich die Erwähnung von Studiengebühren da auch nicht für gut befunden hätte)

Achja, der Anonyme, der hier das „Liste LINKS Flugblatt“ gepostet hat, war einer der treibenden Kräfte dafür, dass es eine Diskussion gibt und eben keine Störaktion. Dachte, ich erwähne das mal, einige hier scheinen ja eine komische Vorstellung von denen zu haben :-)


Zum Abschluss habe ich noch mal die Liste meiner Lieblingsargumente zusammengestellt:

Ich vertraue den Politikern.

Immer wenn es ethisch problematisch wurde, hat Herr Svenson festgestellt, dass es nunmal seine politische Meinung ist, dass er Politikern vertraut, während wir dies nicht tun. Das ist auch ganz explizit einer der größten Unterschiede. Diese Problematik gibt es auch im Sicherheitsbereich: „Wenn du nichts zu verbergen hast – du vertraust doch den Politikern“? Problematisch ist hierbei auch, wenn das Vertrauen blind ist, und eben nicht abgewägt wird, was denn passiert, wenn die Politiker mal falsch informiert handeln. Bei Kriegsfragen geht es dabei eben halt doch um etwas mehr, weswegen man, egal wie stark man Politikern traut, eben auch eine Chance dafür einräumen sollte, dass es mal schief läuft.

Man kann doch alles missbrauchen.

Das Argument gab es mehrfach, auch außerhalb dieses Kolloquiums habe ich es schon gehört. Im Kolloquium wurde das dann nochmal in anderer Form formuliert als „welche Technologie wird nicht im Krieg eingesetzt“. Und es stimmt durchaus: Fast Alles, was wir machen, kann für militärische Zwecke verwendet werden. Ein wichtiger Unterschied heute war jedoch, dass es eben nicht verwendet werden kann, sondern verwendet wird. Die Folgerung, die hier ganz offensichtlich aus dem „alles kann man missbrauchen“ gezogen wird, ist, dass es daher egal ist, woran man forscht. Aber genau das ist es ja nur dann, wenn jeder genau so denkt. Von daher sollte man genau da anders handeln, und auch Konsequenzen aus den Bedenken ziehen, die man hat, wenn man glaubt, dass Forschung für Militärzwecke verwendet werden kann, insbesondere, wenn sie das dann ganz explizit wird. Alles Andere heißt vor dem Problem davonlaufen.

Wir helfen der Welt.

Das zentrale Argument von Herrn Svenson für Kriege. Wäre eine „European Battle Group“ beim Genozid in Ruanda gewesen, hätte er verhindert werden können. Im Kongo wurde einer sogar verhindert. Und wenn „die Amerikaner“ (Zitat) eben ein Land zusammengebombt haben, wer baut es denn dann wieder auf, wenn nicht wir? Das Ganze mutiert dann also zu einer karitativen Veranstaltung. Was hier jedoch vergessen wird, ist, dass das Militär nur ein ganz kleiner Teil dessen sein kann, was hier geforscht wird, um eben solche Probleme schon im Vorfeld zu klären, bevor es zum militärischen Konflikt kommt. Und die aktuellen Probleme kommen in großen Teilen direkt von uns, und die Kriege, die auf dieser Welt geführt werden, werden mit der gleichen Technologie geführt, mit der wir nachher wieder verarzten. Es gibt keinen sauberen Krieg. Und dieser Verantwortung müssen wir uns stellen, wenn wir kriegsnah forschen. Wir können uns nicht fein hinstellen und sagen, dass wir nur für die Guten forschen.

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 12:33
Anonymer User
Anarch, vielen Dank für diese großartige und reflektierte Darstellung der Problematik.

Überlegungen zur Erreichung des Weltfriedens sind m.E. in solchen Diskussionen zwar eher eine Sackgasse, aber ansonst: [img]http://www.fb18.de/gfx/14.gif[/img].

LEIFer

Re: Kolloquium der Informatik lädt Kriegsforscher ein 2006-07-03 18:50
DeGT
So, damit auch alle wissen, was die Resolution ist:


Resolution von Kriegskolloquiumsteilnehmern

Anläßlich des kriegsverharmlosenden Vortrags „Information fusion research for European Battle Group“ im Kolloquium der Informatik am 03.06.2006 stellen wir, die Besucher, die bis zum Ende der Diskussion blieben, fest:

Wir lehnen jegliche kriegsfördernde und kriegsverharmlosende Forschung und Lehre ab. Nie wieder darf Wissenschaft selbstsüchtigen und menschenfeindlichen Zwecken unterworfen werden. Vielmehr ist sie Humanität und Wahrheit verpflichtet.Die Wissenschaftler sind in der Verantwortung, sich gemeinsam zu qualifizieren, um für eine menschenwürdige Welt zu wirken.

Dafür fordern wir den Fachbereich Informatik auf, keine Kooperation mit Armeen, Rüstungskonzernen und angebundenen Wissenschaftlern einzugehen. Wir fordern den Akademischen Senat auf: Wir brauchen einen Friedensfreund oder eine Friedensfreundin und keine Raketenforscherin im Präsidentenamt. Wir fordern vom politischen Senat die staatlich bedarfsdeckende Finanzierung der Hochschulen und aller in ihnen Tätigen als Voraussetzung für demokratische Wissenschaft.

(Beschlossen mit 10:5 und 3 Enthaltungen)