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Nettes Treffen am Rathaus

Nettes Treffen am Rathaus 2006-04-04 19:26
DeGT
Liebe FSRe; liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter im Kampf gegen Studiengebühren!

Am Freitag (7.4.) beginnt die Bürgerschaft den Gesetzgebungsprozess zum „Studienfinanzierungsgesetz“: Dräger stellt seinen Entwurf im Wissenschaftsausschuss vor. Dort sitzen Abgeordnete von CDU, SPD und GAL. Die letzteren Fraktionen sind dazu zu bringen, das Gesetz ganz abzulehnen. Für alle Abgeordneten muss gelten, es mindestens kritisch zu hinterfragen, den Gesetzgebungsprozess zu verzögern und eine öffentliche Anhörung anzusetzen. Als interessierte Öffentlichkeit können wir durch zahlreiche Anwesenheit am Freitag dazu beitragen.
Wir treffen uns um 16:30 Uhr im Rathaus-Foyer. Die Sitzung findet ab 17 Uhr in Raum 186 (Rathaus) statt.

Leitet diese Mail auch an andere weiter.
Mit solidarischen Grüßen,
Luise

Nun, hiermit ist diese mail erstmal im Forum.
Ich fände es begrüßenswert, wenn es eine rege Beteiligung gäbe, damit ein öffentliches Interesse deutlich gemacht wird.

Re: Nettes Treffen am Rathaus 2006-04-07 13:42
Anarch
Ich berichte mal, ja? ;-) Ich war zwar 30 Minuten zu spät da, aber das macht ja nix.

Es waren ca. 60 Personen vorhanden. Mit so viel Interesse des Bürgers hatten die Repräsentanten nicht gerechnet, und gaben sich alle Mühe, dieses unvermute Demokratieverständnis zu honorieren. Damit alle zuhören können, wurde sogar der Raum gewechselt. Hat immer noch nicht für alle gelangt, aber es wurde versprochen, dass man die nächste Sitzung in einem noch größeren Raum machen wird. Da weiß man, dass man als Bürger ernst genommen wird.

Dann saßen wir also da, brav auf den Stühlen. Reden durften wir nicht. Nur verständlich, immerhin sind das dort unsere Repräsentanten, die repräsentieren uns, da müssen wir nichts sagen, wir hatten ja (fast) alle unsere Stimme bei der Wahl abgegeben. Außerdem wäre das viel zu ineffizient, wenn da am Ende jeder mal reden will.

Ich erspare euch jetzt mal die Details der Debatte zur Archivierung langsam zerbröselnder Bücher in der Stabi. Als Dräger auftauchte - der arme Mann ist so unter Stress durch seine Aufopferung für den Bürger, dass er nichtmal pünktlich erscheinen konnte, so ähnlich wie ich ja auch - kamen die Politiker dem Bürger erneut entgegen und zogen die Anhörung wegen den Studiengebühren vor.

So begann der demokratische Deliberationsprozess. Dräger stellte kurz sämtliche positiven Punkte seines Gesetzes vor. Anschließend erzählte jemand - ich glaube, GAL - welche negativen Punkte Dräger bei seiner Zusammenfassung ausgelassen hat. Dies wurde gefolgt von einer Fragerunde an den armen Dräger, in der die SPD/GAL wirklich nichts an dem Gesetz gut fand, ständig betonte, dass sie ja eh gegen Studiengebühren sind, aber das die Regierungsfraktion ja nicht beeinflusst, und man deswegen sagen muss, dass alles scheiße ist. Also, ich fand es schon recht lächerlich, dass da wirklich nur gesucht wurde, wo man etwas negativ finden kann - egal, ob die SPD das selbst eingeführt hätte oder nicht -, und kein gemeinsames Ziel gesucht wurde. Aber das ist vermutlich die Aufgabe der Opposition.

Lustig war der Kommentar des einen Politikers, der meinte, dem Studierenden müsse ja unbedingt mitgeteilt werden, wie seine Gebühren verwendet werden. Wenn ihm die Mittelverwendung nicht passt, kann er ja den Fachbereich wechseln. Zum Glück wählen wir Repräsentanten, weil die von sowas mehr Ahnung haben als wir.

Ich war gerade draußen und hab mich mit Leuten unterhalten, weil das Bla des Politikers immer langweiliger wurde, als etwas geschah. Eine Mitstudentin stand wohl auf, ist zu Dräger gegangen, und hat gespuckt. Auf den Boden. Revolution! Sie wurde auch gleich von den Blauen abgeführt. Wir haben noch etwas drauf geachtet, dass sie nur Personalien aufnehmen und sonst nichts, dann ist das Mädel gegangen. Schade eigentlich. Die einzige sinnvolle Tat des Abends.

Kurz darauf bin ich dann Richtung Fettstr. und habe ein Glas leckeren anarchistischen Wein getrunken.

Alles in Allem: Ein Hoch auf die Dämokratie!

Achja, wir sind berühmt und berüchtigt: http://www.abendblatt.de/daten/2006/04/08/551462.html - berühmt, weil wir in der Presse sind, und berüchtigt, weil man für uns eine Hundertschaft braucht! Anderthalb Blaue pro Student, so muss das sein! Auch wenn ich keine Hundertschaft gesehen hatte. Bei einer kurzen Inspektion vor dem Betreten des Rathauses hatte ich ein gutes Dutzend Blaue gezählt, mehr nicht. Die Anderen haben sich wohl versteckt. Oder hatten sich, wie ich ja auch, verspätet.


So. Und nu? Kurze Zusammenfassung des Gesetzes vielleicht?

Man muss 500 EUR pro Semester zahlen. Man hat für (Regelstudienzeit+4) Semester ein Anrecht auf ein Darlehen. Das Darlehen muss man ab 1.5 Jahre nach Abschluss zurückzahlen, aber nur, wenn man mehr als 12k EUR verdient (man korrigiere mich bei der Zahl). Ausgenommen sind Schwangere, Behinderte, etc. Die Uni darf selbst Ausnahmen gewähren. Die Uni verdient durch solche Ausnahmen - inklusive der rechtlichen, wie Schwangere - keine 500 EUR.

Kritikpunkte, die angesprochen wurden:
- Schwangere und Behinderte sind somit unattraktiv für die Uni. (Dräger: "Aber die Uni erfährt doch erst nach der Zulassung davon")
- Keine Zinssicherheit (Dräger: "Geht nicht, machen die Banken nicht mit")
- Keine obere Grenze der Verschuldung (NRW hat 10k EUR dafür eingeplant) (Dräger sagte nichts dazu)

Hab sicherlich was vergessen…


Kritikpunkte, die nicht angesprochen wurden:
- Wenn ich 11900 EUR verdiene, sorgen 100 EUR Mehrverdienst dafür, dass ich effektiv weniger Geld habe. Sowas kapieren Politiker irgendwie nie. Korrekte Gesetzgebung: Man zahlt max(Einkommen-12k,0)*n% zurück.
- Was ist mit Studienabbrechern?


Sinnvolle Argumentationen von Dräger:
- Dieses Gesetz stellt eine Umstellung der elternorientierte Ausbildungsförderung (wie z.B. BAFöG) hin auf eine abschlussorientierte Förderung. D.h. es ist nicht mehr relevant, wie viel die Eltern verdienen, es gibt keinen Streit mehr mit den Eltern, wer zahlt, sondern die Finanzierung hängt von dem Erfolg der Ausbildung ab.


Persönliche Einschätzung: Prinzipiell gutes Gesetz mit einigen Haken, die man eigentlich ausbügeln müsste, was aber nicht passieren wird.


Schönen Tag noch ;-)

Re: Nettes Treffen am Rathaus 2006-04-07 13:50
Popcorn
Also, ich fand es schon recht lächerlich, …, und kein gemeinsames Ziel gesucht wurde.

Eine Mitstudentin stand wohl auf, ist zu Dräger gegangen, und hat gespuckt. … Die einzige sinnvolle Tat des Abends.

[img]http://www.fb18.de/gfx/25.gif[/img]

Re: Nettes Treffen am Rathaus 2006-04-07 14:02
Anarch
Also, ich fand es schon recht lächerlich, …, und kein gemeinsames Ziel gesucht wurde.

Eine Mitstudentin stand wohl auf, ist zu Dräger gegangen, und hat gespuckt. … Die einzige sinnvolle Tat des Abends.

[img]http://www.fb18.de/gfx/25.gif[/img]

Tschuldigung, dass ich das nicht erklärt habe. Die kulturelle Grammatik (vgl. Handbuch der Kommunikationsguerilla) des Abends wurde von allen Teilnehmenrn eingehalten und korrekt durchgeführt. Zum Einen von den Schlipsträgern mit der Farce einer Demokratie, so z.B. der Versuch, ein demokratisches zuhören zu ermöglichen, oder auch in dem absolut Positionsverharrenden "ich gut" "sie doof"-Diskussionsstil äußerte. Zum Anderen von den Studierenden, die brav ihr demokratisches zuhören praktizierten, und sich dabei recht wichtiggenommen vorkamen.

Das Spucken war die einzige Aktion des Abends, das diese Grammatik durchbrochen hat. Dass die Aktion in sich sinnlos war und keinen Effekt hatte ändert nichts daran, dass sie ein Ausbruch aus einer Situation des Ohnmacht darstellte. Von daher: Große Bewundern an diejenige, die da gespuckt hat.

Re: Nettes Treffen am Rathaus 2006-04-07 14:07
Wolf
Hat sie gerotzt oder gekotzt? "Spucken" ist so zweideutig.

Re: Nettes Treffen am Rathaus 2006-04-07 14:10
Anarch
Hat sie gerotzt oder gekotzt? "Spucken" ist so zweideutig.

Du meinst, ob sie die hohe Kunst des Spontankotzens beherrscht? Nein. ;-)

Re: Nettes Treffen am Rathaus 2006-04-07 14:14
Wolf
Da kann man ja auch sehr wirksame Mittel einnehmen, die zu eindrucksvollen Fontänen innerhalb von Sekunden führen ;)