Um es vorwegzunehmen, ich wende hier die Regel vom Ausschluß des Dritten an, was bei natürlicher Sprache eher Abduktion als Deduktion ist, aber auch damit kann man ja auf wahre Schlußfolgerungen kommen, und diese spezielle Schlußfolgerung hat mich auch weniger verblüfft als eher bestätigt.

Auf SpOn wird Angela Merkel zur Stammzellendebatte zitiert wie folgt:

"Es muss auf jeden Fall eine sehr verantwortliche Diskussion geben - und ohne Zwang irgendeiner Fraktionsdisziplin. Das ist eine echte Gewissensentscheidung."

Die implizite Aussage ist natürlich, daß die (meisten) anderen politischen Entscheidungen keine Gewissensfragen sind und man das freie Mandat da zwar prinzipiell ausüben dürfe, ebenso aber besagten Zwang der Fraktionsdisziplin.
Und? Überrascht?

Die - wie du ja schon selbst gesagt hast nicht unbedingt korrekte/faire/… - Schlußfolgerung, dass normalerweise nicht nach dem Gewissen entschieden werde, klingt natürlich schlimm. Allerdings wäre es für den Wähler unbefriedigend, bzw noch unbefriedigender als jetzt, wenn er eine Partei wählt, in der aber nachher jeder so entscheidet, wie er das von Fall zu Fall für richtig hält und daher nichts durch kommt, weil die Mehrheiten nicht zustande kommen, und die Partei insgesamt keine klare Linie verfolgt.

wenn er eine Partei wählt, in der aber nachher jeder so entscheidet, wie er das von Fall zu Fall für richtig hält

Wo wir bei Pseudologik sind: Du meinst also, die Leute sollen sich dann so entscheiden, wie sie es für falsch halten?

(Das wäre die Frage Freies vs. Imperatives Mandat, und unsere tolle Verfassung entscheidet sich ja ziemlich explizit für Ersteres…)

wenn er eine Partei wählt, in der aber nachher jeder so entscheidet, wie er das von Fall zu Fall für richtig hält

Wo wir bei Pseudologik sind: Du meinst also, die Leute sollen sich dann so entscheiden, wie sie es für falsch halten?

Die Leute sollen sich so entscheiden, wie ihre Wähler es von ihm erwarten ;-)

Die Leute sollen sich so entscheiden, wie ihre Wähler es von ihm erwarten ;-)

Das Imperative Mandat ist verfassungswidrig ;-)

Idealistisch, aber nicht ganz daneben:
Die Leute, die sich für eine Partei aufstellen lassen, sollten normalerweise die Ideen und Ansichten, die die Partei vertritt, sowieso selbst vertreten. Das hieße dann, dass die meisten in der Regel automatisch so handeln, wie ihr Gewissen es ihnen vorschreibt.
Klar, die meisten und in der Regel, aber ich finde/hoffe, dass dies das Problem weniger schwerwiegend macht.

Die Politiker sollen in den internen Diskussionen ihre Meinung wiedergeben und sich auch dafür einsetzen. Bei Abstimmungen in den parteiübergreifenden Gremien, soll dann aber der Mehrheitsentscheidung der vorangegangenen Diskussion gefolgt werden. Nur im Ausnahmefall sollte die eigene, ablehnende Haltung durch eine Enthaltung kund getan werden.

Dass ist die Einstellung, die ich dazu von verschiedenen Mitgliedern des Bundes- und Landtages auf kleineren Vorort-Besuchen gehört habe (ja zugegeben, fast ausschlißelich CDUler). Aber das finde ich ohnehin auch sinnvoll, weil die individuellen Meinungen auch in den Parteien stark auseinandergehen. Eine Wahl von Parteien (und die haben wir nun mal), wäre damit relativ witzlos, weil je nach Thema eine Partei zu nennenswerten Teilen DVU, die Linke, FDP, Grüne, SPD und CDU zugleich sein kann. So wird aber durch interne Mehrheiten die Politik meistens in eine vorhersehbare Richtung gelenkt.

Die implizite Aussage ist natürlich, daß die (meisten) anderen politischen Entscheidungen keine Gewissensfragen sind und man das freie Mandat da zwar prinzipiell ausüben dürfe, ebenso aber besagten Zwang der Fraktionsdisziplin.
Und? Überrascht?

Also ich hab eine andere Partei besucht -eine nicht unbedingt bessere als die CDU- und dort wurde mir gesagt, dass zumindenst im Budestag die Entscheidungen von den jeweiligen Ausschuessen und Fachexperten gefaellt werden und der Abgeordnete dann das Knoepfchen druckt, welches vorgegeben wurde. Das freie Mandat wird nur bei krassen Sachen wie Mehrwertsteuererhoehung benutzt. Das Hauptproblem ist wohl, dass man nach 2maligem "falsch" votieren nicht mehr aufgestellt wird…

Nun. ueberrascht.. also ein wenig schon. Es wird keiner explizit an der Ausuebung seines freien Mandats gehindert, aber eine wirklich andere Wahl haben die Herren und Damen im Bundestag wohl nicht. Ich find's ein bisschen schade und kann nur wieder erneut feststellen, dass Demokratie nicht funktinoiert >.<

MfG
Muelil

Ich find's ein bisschen schade und kann nur wieder erneut feststellen, dass Demokratie nicht funktinoiert

Was hat der Bundestag mit Demokratie zu tun?

Man sollte dabei auch immer überlegen, was die Alternative ist. Ich kann nicht behaupten dass ich es besser finden würde, wenn dann auch die individuell abstimmen, die nicht in den Ausschüssen waren (und an allen kann rein zeitlich nicht teilgenommen werden). Da ist es mir schon sympathischer, dass untereinander geklärt wird, wo welche Kompetenzen liegen und sich dann im Team vertraut wird. Dazu sind die Themen ja fast immer auch viel zu komplex, als das Bauchentscheidungen wirklich vernünftig wären.

Nein, nciht überrascht. Das war mir schon klar.

Das funktioniert ja auch nur solange auch die Opposition frei nach dem Gewissen entscheidet. Wenn die Ideen wirklich gut wären, wären vielleicht trotzdem 1/3 der Machthaber dagegen und 1/3 der Opposition dafür. Dann würde sehr wohl etwas durchkommen.
Aber darauf will (kann) man sich ja nicht verlassen.

mfg
- eth

Ich find's ein bisschen schade und kann nur wieder erneut feststellen, dass Demokratie nicht funktinoiert

Was hat der Bundestag mit Demokratie zu tun?

Parlamentarische Demokratie ist auch eine Form der Demokratie.

Dass der Bundestag nicht so funktioniert, wie es sich vielleicht viele wünschen, liegt nicht an der Einrichtung, sondern an den da reingewählten Vertretern.

Dass der Bundestag nicht so funktioniert, wie es sich vielleicht viele wünschen, liegt nicht an der Einrichtung, sondern an den da reingewählten Vertretern.

Auch eine Diktatur funktioniert so, wie sich das viele wünschen, solange der Diktator auch noch ein guter Mensch ist und will, daß die Blattläuse in seinem Garten das gravierenste seiner Probleme sind. Zumindest, bis er ausklinkt und alle Akademiker zusammentreiben läßt, weil die mit ihrer ständigen Agitprop das Volk gegen alles versuchen aufwiegeln, was eigentlich nur gut und gerecht ist. Solange er aber nicht das oder ähnliches tut, herrschen er und Friede, Freude und Eierkuchen. Da stellt sich nur noch die Frage, wie jemand mit so weichen Ellenbogen an diese Position kam, aber sei's 'drum.
Apropos, was muß man doch gleich tun, um einen einflußreichen Posten im Parlament zu kriegen…

Dass der Bundestag nicht so funktioniert, wie es sich vielleicht viele wünschen, liegt nicht an der Einrichtung, sondern an den da reingewählten Vertretern.

Auch eine Diktatur funktioniert so, wie sich das viele wünschen, solange der Diktator auch noch ein guter Mensch ist und will, daß die Blattläuse in seinem Garten das gravierenste seiner Probleme sind. Zumindest, bis er ausklinkt und alle Akademiker zusammentreiben läßt, weil die mit ihrer ständigen Agitprop das Volk gegen alles versuchen aufwiegeln, was eigentlich nur gut und gerecht ist. Solange er aber nicht das oder ähnliches tut, herrschen er und Friede, Freude und Eierkuchen. Da stellt sich nur noch die Frage, wie jemand mit so weichen Ellenbogen an diese Position kam, aber sei's 'drum.
Apropos, was muß man doch gleich tun, um einen einflußreichen Posten im Parlament zu kriegen…

Dass ein Parlament teilweise (nicht ausschließlich!) auch Menschen anzieht, die dafür nicht unbedingt "vorgesehen" wären und auch gewisse nicht wünschenswerte Handlungsmuster fördert, ist ein uraltes Problem und haftet jeder Staatsform an, die in irgend einer Weise Macht über andere Menschen an Einzelpersonen oder Personengruppen abtritt!

Dass ein Parlament teilweise (nicht ausschließlich!) auch Menschen anzieht, die dafür nicht unbedingt "vorgesehen" wären und auch gewisse nicht wünschenswerte Handlungsmuster fördert, ist ein uraltes Problem und haftet jeder Staatsform an, die in irgend einer Weise Macht über andere Menschen an Einzelpersonen oder Personengruppen abtritt!

Ein schöneres Plädoyer für räte- oder basisdemokratische Systeme oder gleich Anarchie als diese Worte aus deiner Hand habe ich, glaube ich, noch nicht gelesen, auch wenn der Inhalt altbekannt ist. :)

Dass ein Parlament teilweise (nicht ausschließlich!) auch Menschen anzieht, die dafür nicht unbedingt "vorgesehen" wären und auch gewisse nicht wünschenswerte Handlungsmuster fördert, ist ein uraltes Problem und haftet jeder Staatsform an, die in irgend einer Weise Macht über andere Menschen an Einzelpersonen oder Personengruppen abtritt!

Ein schöneres Plädoyer für räte- oder basisdemokratische Systeme oder gleich Anarchie als diese Worte aus deiner Hand habe ich, glaube ich, noch nicht gelesen, auch wenn der Inhalt altbekannt ist. :)

Ich hatte schon das Gefühl, dass du diese Gelegenheit so nutzen würdest. [img]http://www.fb18.de/gfx/10.gif[/img]

Leider muss ich grad off gehen, aber wir können uns bei Gelegenheit gern darüber unterhalten, welche Nachteile man bei Räte- und Basisdemokratien oder gar Anarchien ertragen muss und was schwerer wiegt. [img]http://www.fb18.de/gfx/25.gif[/img]