Hi, ich stehe gerade selbst vor der Problematik der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Kleinunternehmer. Von Erfahrungen kann ich also nicht berichten.
Ich habe die Woche über allerdings das halbe Internet nach Informationen durchforstet um immer wieder gegensätzlichen Unsinn und Halbwissen zu lesen, bis ich mich schließlich im SGB wiederfand.
Da ich von einem Freund auf dieses Thema hier im Forum aufmerksam gemacht wurde und als Informatiker der UHH hier eigentlich viel zu selten bin, mich sonst ausserdem *hust hust* viel zu wenig für unsere studentischen Belange einsetze, will ich mal meine Rechercheergebnisse zum Besten geben und auch ein paar Interessante Links geben (sofern diese nicht rausgefiltert werden). Die Infos zur Problematik ob Gewerbetreibend - nicht Gewerbetreibend fand ich hier übrigens recht interessant, dazu hatte ich sonst bislang nichts gelesen, auch wenn ich die Freibetragsgrenze von 24.500 € wohl ebenso deutlich unterschreiten werde. ^^
Also, im Wesentlichen sollte man erstmal drei Dinge checken:
1. Krankenkasse:
Um bei selbstständiger Tätigkeit noch im Studententarif zu bleiben, gilt nicht unbedingt die 20h Grenze, bei der Barmer z.B. gilt eine 18h/woche Grenze und ich vermute bei anderen gesetzlichen Krankenkassen wird das ähnlich sein.
Während man in der PKV auch noch günstige Tarife als Selbstständiger ohne Studentenstatus kommt, kann das in der GKV schonmal 200€ mehr im Monat kosten als im Studententarif, also unbedingt beachten!
Sollte man in die PKV wechseln wollen sollte man auch die Problematik beachten später ggf. wieder in die GKV zurückzukommen, was üblicherweise nur über den Eintritt in ein Arbeitnehmerverhältnis geht, und das nur bis zum 55. Lebensjahr. Die Leistungen und Beiträge der PKV im Alter sind nicht gerade rühmenswert.
2. Sozialversicherung:
Wie ansich bekannt, muss man alle Kosten komplett selber tragen und sich ggf. so man es für sinnvoll erachtet / es überhaupt möglich ist selbst versichern.
In einem Arbeitnehmerverhältnis hingegen ist man in der gesetzlich pflichtversichert und der Arbeitgeber trägt die vollen Kosten zur Unfallversicherung, sowie die halben zur GKV (inkl. Pflegeversicherung) und zur Arbeitslosenversicherung, sowie wohl auch U1 (Muttergeld), U2 (Krankengeld). Damit ergeben sich automatisch Ansprüche die man als Sebstständiger so nicht unbedingt hat, andererseits kann es einen und wird mit Sicherheit den Arbeitgeber günstiger kommen.
ABER, dabei ist unbedingt die Regelung $2 SGB VI Punkt 9.
http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbvi/2.html zu beachten!!
Versicherungspflichtig sind selbständig tätige,
9.
Personen, die
a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft
Wobei man sonst als "Arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger" gilt und die kompletten 20% Bruttolohn der GRV selbst tragen muß und sich innerhalb von 3 Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit bei der Deutschen Rentenversicherung zu melden hat! Andernfalls kann die GRV bei Prüfung sämtliche Beiträge (bis zu 4 Jahre wie bei Scheinsälbstständigkeit? kA) nachforden!
Nach Befragen einiger Freunde und Recherchen im Internet beachtet dies offenbar so gut wie kein Student und die GRV scheint entsprechende Unternehmensprüfungen selten zu machen, es ist aber ein unnötiges und u.U. extrem teures Risiko da man sich bei erstmaliger Existenzgründung für bis zu 3 Jahre davon freistellen lassen kann ($6 SGB VI Abschnitt 1a Punkt 1
http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbvi/6.html). Auch für die zweite Existenzgründung gibt es im selbigen Paragraphen Ausnahmeregelungen.
Weiter gilt für "auf Dauer und im Wesentlichen" eine Faustregel von 5/6 wie u.A. auf
http://ratgeber-freie.de/frame_seite.php3?kapitel=0406&view=&si=4ced3d76c2959zu lesen. Auch scheint es eine Ausnahme für Projektbezogene Tätigkeiten zu geben (-> nicht auf Dauer):
Bei einer im Voraus begrenzten und nur vorübergehenden Tätigkeit für einen Auftraggeber (projektbezogene Tätigkeit) wird grundsätzlich keine Dauerhaftigkeit dieser Tätigkeit für nur einen Auftraggeber vorliegen, wenn die Begrenzung innerhalb eines Jahres liegt.
( siehe III. Arbeitnehmerähnliche Selbstständige:
http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/arbeitsrecht/scheinselbstaendigkeit/index.html )
Ich finde es ganzschön übel wie sehr wir Studenten über sowas bei Jobaufnahme im Unklaren gelassen werden, da sollte es auch mal ne getzliche Informationspflicht zu geben!
In dem Zusammenhang möchte ich auch auf Arbeitnehmerähnliche Personen nach § 12a TVG
http://ratgeber-freie.de/frame_seite.php3?kapitel=0406&view=&si=4ced3d76c2959 aufmerksam machen, welches möglicherweise (selbst noch nicht gelesen) trotz Selbstständigkeit auch gewisse Rechte wie Anspruch auf bezahlten Urlaub gibt!
Wo wir schon bei Arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen und Arbeitnehmerähnlichen Personen sind, auch noch kurz zum Begriff der Scheinselbstständigkeit.
Dieser ergibt sich aus § 7 SGB IV Beschäftigung:
http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbiv/7.htmlAnhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Da 1999 hier genauere Abgrezungen anhand einer 5-Punkteliste eingeführt, diese aber 2003 wieder ersatzlos gestrichen wurde und nur die Regelungen zu Arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen und Arbeitnehmerähnlichen Personen beibehalten wurden ( siehe
http://www.freie-berufe.de/Scheinselbststaendigkeit-und-R.114.0.html ), ist bei uns Informatikern der Arbeitgeber meißt fein raus. Sollte aber doch nach Weisungen gearbeitet werden oder es eine klare Eingliederung ins Unternehmen entsprächend einem Arbeitnehmerverhältnis geben, so gilt offenbar:
II. Anhaltspunkte für Scheinselbstständigkeit -> Beginn der Sozialversicherungspflicht:
http://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/arbeitsrecht/scheinselbstaendigkeit/index.htmlGrundsätzlich tritt bei Feststellung der Scheinselbstständigkeit die Sozialversicherungspflicht mit Aufnahme der Tätigkeit ein. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die ausstehenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung rückwirkend bis zu vier Jahre zu bezahlen.
Scheinselbstständigkeit nachzuweisen ist bei der schwammigen Regelung allerdings schwierig. Offenbar liegt da seit 2003 die Nachweispflicht wieder bei der Deutsch Rentenkasse. Sollte man dies jedoch unbedingt klären wollen gilt, insbesondere für den Auftraggeber, dass man bei der Deutschen Rentenversicherung eine Statusfeststellung machen kann:
http://www.deutsche-rentenversicherung-bund.de/SharedDocs/de/Navigation/Service/Zielgruppen/existenzgruender/02_Statusfeststellungnode.htmlBevor man das macht, sollte man sich, sofern man bereits länger als Selbstständiger tätig ist, keine Rentenbeiträge gezahlt hat und zu befürchten ist als Arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger eingestuft zu werden, zunächst unabhängigen Rat holen, sonst könnten unangenehme Nachforderungen zuflattern, sollte aber klar sein. ;-)
3. wie im vorigen post schon beschrieben,
§ 19 UStG Kleinunternehmerregelung beachten:
http://www.steuertipps.de/Gesetze/UStG/19-Besteuerung-der-KleinunternehmerD.h. bei mehr als 17500€ Umsatz (zzgl. Steuer) im Vorjahr bzw. Erstjahr muß mit Mehrwertsteuer abgerechnet werden, sonst für gewöhnlich ohne es sei denn man verpflichtet sich für 5 Jahre dazu.
Ansonsten gilt natürlich Arbeitsvertrag gut durchlesen, Gewerbeschein besorgen, das Schreiben von Rechnungen klären ( § 14 UStG siehe
http://www.steuertipps.de/Gesetze/UStG/14-Ausstellung-von-Rechnungen ), und ggf. das Erstellen der Steuerklärung.
Das Finanzamt hilft einem (angeblich) auch gerne weiter, bislang habe ich mich jedoch auch Internetrecherche beschränkt.
Sollte ich irgendwo im Irrtum sein, freu ich mich um Berichtigung, ansonsten könnt ihr's gerne ins Wiki übernehmen. :-)
falls mir noch was einfällt meld ich mich
LG