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Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform

Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-05 15:25
Wulf
Wir Hamburger sind zur Teilnahme am "Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform" aufgerufen.

Als mündige Bürger möchten wir natürlich eine wohldurchdachte Entscheidung treffen.

Aber zumindest mir fällt dies schwer; die "Stellungnahme" der beiden Parteien ist nutzlos, Beiträge im Rundfunk und Internet sind parteiisch, die ganze Argumentation polemisch. Von beiden Seiten gleichermaßen; eine Schande für unsere Demokratie.

Es stellt sich erstmal die Frage, welche Möglichkeiten der Abstimmung existieren und wie sich diese Auswirken.

Der Stimmzettel hat zwei Seiten (links,rechts), auf jeder der Seiten kreuzt man entweder JA oder NEIN an.
Man kann also NEIN/NEIN, NEIN/JA, JA/NEIN, JA/JA ankreuzen.

(Quelle: NDR)
Zunächst muss mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten für jede der Vorlagen abstimmen, damit diese überhaupt ins Rennen gehen kann. Das sind 247.335 Ja-Stimmen. Erreicht nur eine der Vorlagen diese Anzahl, hat sie automatisch gewonnen. Erreichen beide Vorlagen diese Mindestanforderung, zählt die Mehrheit. Schon eine Stimme Vorsprung reicht in diesem Fall für den Erfolg aus. Erreicht keine der Vorlagen die Mindestanforderung, gilt nach wie vor die Entscheidung der Bürgerschaft vom 3. März 2010. Das heißt, die Schulreform würde wie geplant stattfinden.

Nichtteilnahme ist also gleichbedeutend mit NEIN/NEIN. Sinnvoll sind nur die Möglichkeiten NEIN/JA und JA/NEIN.

Die nächste Unklarheit ist die Inhaltliche; was wird passieren, wenn die Vorlage "Volksinitiative" bzw. die Vorlage "Bürgerschaft" angenommen wird?

Wenn ich es richtig sehe, geht es um die Gesetze
* Zwölftes Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes, 20. Oktober 2009 (HmbGVBl. S. 373)
* Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes (letzte Seite)
* Das Hamburgische Schulgesetz in der aktuellen (geänderten) Fassung

Die "Volksinitiative" setzt sich für eine Rückgängigmachung des 12. Gesetzes ein; würde dadurch das 13. Gesetz gleich mit gekippt?

Spiegelt sich die "einstimmige Entscheidung der Bürgerschaft vom 3. März 2010" in diesem 13. Gesetz wider?

Material contra Schulreform:
* Volksinitiative "Wir wollen lernen!"

Material pro Schulreform:
* ARD-Sendung Panorama
* Die Schulverbesserer
* CampusGrün,Regenbogen,linkeSDS,piraten HG

Werden irgendwo die Fakten der Schulreform verständlich dargestellt? Was genau würde sich ändern?

PS: Dieser Thread soll einer vernünftigen Diskussion dienen; Spammen, Trollen, etc. sind zu unterlassen.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-05 17:19
T4Y
Stimmt, die nüchternen Fakten sind nicht so leicht aufzufinden. Beide Seiten sind recht polemisch in ihrer Argumentation. Ich selbst hab eher unabhängig von der juristischen Konsequenz abgestimmt, sondern vielmehr auf Grundlage des jeweiligen Schuldbildes das vorherrscht und wie sehr das meinem persönlichen Ideal entspricht.

Ich würde schon sagen (ohne es genau zu wissen), dass die "Nachbesserung", also das 13. Gesetz von einer Änderung auch betroffen wäre, da es sich auf das 12. stützt (insbes. eben bei dem Streitthema Primarschule wenn ich das richtig sehe), was ja von "Wir wollen lernen!" eben aufgehoben werden soll, obwohl die Initiative diese Änderung zwar begrüßt, sich aber nicht damit zufrieden gibt.

Aber prinzipiell gehts um (HmbGVBl. S. 373), § 14, §17, d.h. nur um die Eingliederung der 5.,6. aus dem Gymnasium in die Primarstufe, nach meinem Wissen.
(siehe auch Wortlaut http://www.altona.info/2010/04/volksentscheid-schulreform-burgerschaft-mit-eigenem-vorschlag/ )

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-05 19:52
Wulf
Okay, den Punkt hatte ich (warum auch immer) überlesen.

Wenn ich es nun richtig verstehe, unterscheiden sich die beiden Alternativen durch die Dauer (und den Namen) der Grundschule (4 Jahre vs. 6 Jahre) und die Anzahl der weiterführenden Schularten (Realschule,Gesamtschule,Gymnasium vs. Gesamtschule,Gymnasium).

Kleine Begründung hierzu:
* Hauptschulen sind wohl bereits mit den Realschulen zusammengelegt (Elftes Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes, Juli 2008)
* Elternwahlrecht besteht bei beiden Alternativen nach Abschluss der Grund- bzw. Primarschule
* Weitere Neuerungen wie Abschaffung des Büchergeldes, Englisch ab 1. Klasse, verschiedene Leistungsstufen in verschiedenen Schulfächern, Kurssysteme etc. dürften von der Entscheidung nicht betroffen sein

Ich persönlich sehe aus Sicht eines Gesamtschülers kein Problem, die Haupt+Realschüler auch noch mit in die Gesamtschulen zu packen; Wäre ich Haupt+Realschüler, hätte ich damit wohl auch kein Problem. Andere Meinungen hierzu?

Letztlich geht es in der Abstimmung also einzig allein darum, ob die Schüler nach 4 oder 6 Jahren neu verteilt werden sollen.

Habe ich was übersehen?

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-05 23:25
GroßerSchöpfer
Der Stimmzettel hat zwei Seiten (links,rechts), auf jeder der Seiten kreuzt man entweder JA oder NEIN an.
Man kann also NEIN/NEIN, NEIN/JA, JA/NEIN, JA/JA ankreuzen.

(Quelle: NDR)
Zunächst muss mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten für jede der Vorlagen abstimmen, damit diese überhaupt ins Rennen gehen kann. Das sind 247.335 Ja-Stimmen. Erreicht nur eine der Vorlagen diese Anzahl, hat sie automatisch gewonnen. Erreichen beide Vorlagen diese Mindestanforderung, zählt die Mehrheit. Schon eine Stimme Vorsprung reicht in diesem Fall für den Erfolg aus. Erreicht keine der Vorlagen die Mindestanforderung, gilt nach wie vor die Entscheidung der Bürgerschaft vom 3. März 2010. Das heißt, die Schulreform würde wie geplant stattfinden.

Nichtteilnahme ist also gleichbedeutend mit NEIN/NEIN. Sinnvoll sind nur die Möglichkeiten NEIN/JA und JA/NEIN.

Das scheint mir nicht zu stimmen, was der NDR da schreibt. Damit eine Vorlage angenommen ist, muss folgendes gelten:
  1. Sie muss das Quorum erfüllen.
  2. Sie muss mehr Ja als Nein Stimmen bekommen.
  3. Sie muss mehr Ja Stimmen als die andere Vorlage bekommen.
Die zweite Bedingung fehlt bei dem zitierten Text. Wenn die Vorlage von WWL 250.000 Ja Stimmen und 300.000 Nein Stimmen bekommt ist sie natürlich abgelehnt, alles andere wäre ja auch total undemokratisch.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 04:08
garou
Zustande gekommen ist ein Volksentscheid, wenn er
  • 247335 Stimmen hat
Gibt es eine Gegenvorlage der Bürgerschaft, gewinnt die Vorlage, die
  • mehr Ja-Stimmen hat
  • bei Gleichstand mehr Ja-Stimmen minus Nein-Stimmen hat.

Dieses Zitat ist eher eine Paraphrase beziehungsweise eine Übersetzung aus dem Legalesischen.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 10:01
Wulf
§ 23
Ergebnis des Volksentscheids

(1) Der Gesetzentwurf oder die andere Vorlage ist durch Volksentscheid angenommen, wenn er oder sie die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen und mindestens die Stimmen eines Fünftels der Wahlberechtigten erhalten hat ( Artikel 50 Absatz 3 Satz 3 der Verfassung). […]

(2) Sind bei einer gleichzeitigen Abstimmung über mehrere Gesetzentwürfe oder mehrere andere Vorlagen nicht nur für einen Gesetzentwurf oder eine andere Vorlage mehr gültige Ja- als Nein-Stimmen abgegeben worden, so ist der Gesetzentwurf oder die andere Vorlage angenommen, der oder die die meisten Ja-Stimmen erhalten hat. Ist die Zahl der gültigen Ja-Stimmen für mehrere Gesetzentwürfe oder mehrere andere Vorlagen gleich, so ist derjenige oder diejenige angenommen, der oder die nach Abzug der auf ihn oder sie entfallenden Nein-Stimmen die größte Zahl der Ja-Stimmen auf sich vereinigt.
(Volksabstimmungsgesetz)

Die Broschüre ist also falsch; eine Vorlage braucht mehr JA- als NEIN-Stimmen.

Um mal wieder auf's andere Thema zu lenken: Geht es nun, wie ich oben behauptet habe, nur um die Frage ob die Grundschule 4 oder 6 Jahre lang sein soll?

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 10:19
UncleOwen
Muss ich mir eigentlich Gedanken machen, wenn ich noch keine Wahlbenachrichtigung gekriegt hab?

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 10:30
Wulf
Ja, die hätte gestern da sein sollen; meine kam Freitag.
Warst du zur letzten Bürgerschaftswahl wahlberechtigt? Ich meine das war die Voraussetzung.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 12:26
T4Y
Um mal wieder auf's andere Thema zu lenken: Geht es nun, wie ich oben behauptet habe, nur um die Frage ob die Grundschule 4 oder 6 Jahre lang sein soll?

Jap. Genau darum.

Um hier auch mal etwas Meinung mitreinzubringen: Ich bin für die Schulreform aus einem einfachen Grund. Nicht, weil es das Problem der Leistungs-Trennung nach zu pauschalen Gesichtspunkten komplett löst: In der 4. Klasse sind Schüler für mich schlicht zu jung um nach ihrer Leistungsfähigkeit und ihrem Potential für die nächsten 8 Jahre beurteilt zu werden, in der 6. könnte andererseits tatsächlich ein "allg." Leistungsabfall bestehen bei manchen.
Der Unterschied ist jedoch, dass diese schlechten Schüler in der 6. Gymasialstufe sowieso im alten System "zurückfallen" würden auf Haupt- oder Realschule. Das ändert sich ja nicht im neuen System (was die Volksinitiative nicht berücksichtigt). Was sich jedoch ganz eindeutig zum besseren ändert ist, dass Schüler, die bereits in der 5. in die Hauptsschule rutschen es im jetzigen System schwer haben (nicht pauschal aber je nach familiärem/sozialem Umfeld betrifft das schon eine größere Zahl) nach oben zu rutschen. Für mich geht es genau um diese Personengruppe, denen 2 Jahre zusätzliche Zeit gewährt wird (mit idealerweise besseren "Aufrück"-Bedingungen).

Natürlich bleibt auch zu berücksichtigen, dass in Gesamtschulen öfter beobachtet wird, dass mehr Schüler absteigen als aufsteigen innerhalb des 3-stufigen Kurssystems. (Wie gesagt, es löst nicht alle Probleme.) Aber trotzdem ist dies nicht das einzige Gymnasialmodell und die neue Primarstufe wäre für mich eine eindeutige Verbesserung der Chancen für Kinder, die in der 4. noch nicht gut genug sind.

@UncleOwen
Ich hab meine schon vor einer Woche bekommen. Vielleicht kommt sie noch ;)

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 19:20
Popcorn
Jetzt mal exemplarisch runtergebrochen: Broschüre, Stellungnahme Bürgerschaft - Englischuntericht ab der 1. Klasse. Lese ich bei den Initiatoren des Volksentschied nichts von, wie auch nicht über einige andere Dinge. Und jetzt heißt es, wir wählen doch eigentlich nur ob 4 oder 6 Jahre? Ich komme da langsam nicht mehr mit. :D

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 20:15
T4Y
Naja, wenn man mal die ganzen Blättchen weglegt und sich nur den Wortlaut der Vorlage von den Initiatoren (siehe auch http://www.hamburg-schulreform.de/index.php/component/content/article/86-top-schlagzeile/495-wie-genau-lautet-denn-nun-der-text-fuer-den-volksentscheid) anguckt ist das tatsächlich der Fall (Ziel: 4 Jahre + Elternwahlrecht).

Dass die Bürgerschaft weit ausholt liegt denk ich daran, dass sie natürlich die Schulreform selbst verteidigt und mögliche Gerüchte und Halbwahrheiten aufdecken will indem sie das "große Ganze" rechtfertigt, wozu nicht nur die Dauer sondern auch das ganze Konzept der Primarschule gehört (mit z.B. Englischunterricht ab der 1.). Die Initiatoren antworten darauf halt dementsprechend auch weit ausholend.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 21:21
Anonymer User
Warst du zur letzten Landtagswahl wahlberechtigt? Ich meine das war die Voraussetzung.
In Hamburg haben wir die Bürgerschaft. Bist wohl kein Hamburger Jung ;)

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-06 23:38
Wulf
Warst du zur letzten Landtagswahl wahlberechtigt? Ich meine das war die Voraussetzung.
In Hamburg haben wir die Bürgerschaft. Bist wohl kein Hamburger Jung ;)

Zwar hier geboren, aber aufgewachsen in S-H. Fehler korrigiert, danke.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-07 10:35
UncleOwen
So, hab gerade mal telefoniert: Die letzten Briefe gehen heute erst raus, von daher muss ich mir _noch_ keine Gedanken machen.

http://www.hamburg.de/volksabstimmungen/2273298/bezirksabstimmungsleitungen.html

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-07 11:47
T4Y
Für Leute die sich noch informieren wollen - hier noch ein paar Stimmen aus unserer Uni:

http://lecture2go.uni-hamburg.de/veranstaltungen/-/v/10809

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-07 12:02
NaZo
Ich denke, die Schulreform liefert noch lange kein perfektes Schulsystem, aber ist ein Schritt in die richtige Richtung, den man nicht von einer Elite kaputt machen lassen darf, die nur Angst davor hat, dass der immense Chancenvorsprung, den ihre eigenen Kinder haben, auch nur minimal (!) geschmälert werden könnte.

Diese Leute bestimmen eh schon genug, wo es lang geht. Es ist an der Zeit zu beweisen, dass es auch mal anders laufen kann.
* ARD-Sendung Panorama
Sehr hübscher Beitrag zu diesem Thema. Und auch, wenn man darin nur Polemik sehen möchte, denke ich, dass es genau den Punkt trifft, um den es hier geht. Denn, wenn es um pädagogische Argumente ginge, kann das Urteil ohnehin nur PRO Schulreform ausfallen.

Das einzige, was vielleicht dagegen sprechen könnte, wären die damit verbundenen Kosten, aber 1. kann das kein Argument gegen vernünftige Maßnahmen in der Bildungspolitik sein und 2. haben diese den Leuten aus deren Klientel in Niedersachsen auch nicht gestört, als dort vor ein paar Jahren eine genau entgegengesetzte Reform durchgeführt wurde.

Daher: Wählt JA für die Schulreform und NEIN für "Wir wollen lernen (und ihr stört dabei!)".

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-07 16:16
T4Y
* ARD-Sendung Panorama
Sehr hübscher Beitrag zu diesem Thema. Und auch, wenn man darin nur Polemik sehen möchte, denke ich, dass es genau den Punkt trifft, um den es hier geht. Denn, wenn es um pädagogische Argumente ginge, kann das Urteil ohnehin nur PRO Schulreform ausfallen.

Haha stimmt. Zwar wirklich kein neutraler Beitrag aber ich krieg schon einen Hals wenn ich höre, was die Leute auf der Straße in dem Video sagen. Das zeigt schon sehr deutlich, dass es hier größenteils wirklich um einen (einseitigen) Klassenkampf geht.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-07 21:40
Wulf
T4Y, es geht nicht um irgendeinen Klassenkrampf, reiche Spinner aus Blankenese oder unlautere Methoden im Wahlkampf, sondern einzig allein um die Sache an sich.

Wir wählen hier nicht "die Politiker müssen weg" vs. "die Oberschicht muss weg" sondern "4 Jahre vs. 6 Jahre".

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-08 07:45
T4Y
Wir wählen hier nicht "die Politiker müssen weg" vs. "die Oberschicht muss weg" sondern "4 Jahre vs. 6 Jahre".

Jup. Aber der Grund warum wir wählen müssen, sprich warum es Widerstand gegen die Reform gibt, hat gesellschaftliche Hintergründe und ich finde diese schon relevant zu betrachten. Diese sind nämlich (aus meiner Sicht) untrennbar verknüpft mit der Entstehung und dem Erhalt des bisherigen Schulsystems, das nun auf dem Prüfstand steht weil ihm u.a. zu starke und ungerechte Klassentrennung vorgeworfen wird.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-08 12:15
NaZo
Wir wählen hier nicht "die Politiker müssen weg" vs. "die Oberschicht muss weg" sondern "4 Jahre vs. 6 Jahre".
Das stimmt, aber dennoch ist es doch wichtig klar zu machen, welchen Menschen welche Variante mehr nützt. Dann muss jeder selbst entscheiden, ob er für die pädagogisch und gesellschaftlich bessere Variante stimmt, oder für diejenige, von der sich die "Oberschicht" Vorteile erhofft.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 00:20
4stuebs
Ich finde die Entscheidung äußerst schwierig. Die Entscheidung 4 vs. 6 Jahre macht "per se" keinen Sinn - es fehlen weiterführende Konzepte.

Solange keine neuen Lehrer eingestellt werden, solange die (Umstellungs-)Zeit für die nötigen Reformen fehlt, solange kein einheitliches Bildungskonzept erarbeitet wird, machen für mich die beiden Möglichkeiten keinen Unterschied. Schade, dass die anderen Forderungen der Volksinitiative nicht übernommen wurden.

Eine Reform dieser Art schadet nur, weil eine "Umstellung ohne Konzept" mit dem Bologna-Prozess vergleichbar ist: Sie erzeugt Chaos. Das ist schlecht.

Nichtsdestotrotz werde ich wohl für die 6 Jahre stimmen. Aus Idealismus.



Bildungsdemo Mittwoch um 12 Uhr, Treffen vor dem Philturm!

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 11:09
NaZo
Die Entscheidung 4 vs. 6 Jahre macht "per se" keinen Sinn
Warum nicht? Das ist doch eine sehr wichtige Frage.
- es fehlen weiterführende Konzepte.
Beleg?
Solange keine neuen Lehrer eingestellt werden, solange die (Umstellungs-)Zeit für die nötigen Reformen fehlt, solange kein einheitliches Bildungskonzept erarbeitet wird, machen für mich die beiden Möglichkeiten keinen Unterschied.
Warum macht das keinen Unterschied? Nur, weil nicht alles toll ist, soll man eine kleine Verbesserung auch ablehnen?
Im übrigen scheinen die sich ja schon ein wenig Gedanken gemacht zu haben: Die Maßnahmen der Schulreform.
Natürlich ist das nur Propaganda, und wir glauben denen sowie (zu Recht) kein Wort, aber das ist doch immer so, und man dürfte also gar keine Dinge mehr ändern, wenn es danach geht.
Schade, dass die anderen Forderungen der Volksinitiative nicht übernommen wurden.
Zum Beispiel?
Eine Reform dieser Art schadet nur, weil eine "Umstellung ohne Konzept" mit dem Bologna-Prozess vergleichbar ist: Sie erzeugt Chaos. Das ist schlecht.
"Lieber ein Unglück das vertraut ist, als ein Zustand, den Du nicht kennst." (WIZO)
Ich denke, dass man eine Reform, die gemacht wird, um etwas zu verbessern, nicht in einen Topf werfen sollte, mit einer, die gemacht wird, um irgendwelche Blabla-Verträge umzusetzen, noch dazu (in unserer Stadt) von einem widerlichen, ultraneoliberalen, korrupten und inkopetenten Wissenschaftssenator. (Was nicht heißen soll, dass ich Frau Goetsch für nett, sozial, integer und kompetent halte, ich bin auch ganz sicher kein Grünen-Anhänger).
Außerdem löste das Bachelor/Master-System ein System ab, das an sich nicht schlecht war. Die Aufteilung der Kinder mit 10 Jahren in kommende Hartzer, Arbeiter und Akademiker ist aber durch und durch schlecht. Viel schlimmer kann es also nicht werden.

Wie ich bereits schrieb, ist die Reform sicher nicht perfekt, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Daher wähle ich aus Überzeugung und nicht aus Idealismus.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 15:00
hann1bal
Ich habe nichts gegen 4 oder 6 Jahre Grundschule/Primarschule für die Kinder. Ich habe nur ein Problem damit, dass nach der Vorlage der Bürgerschaft den Eltern vorgeschrieben wird auf welche Grundschule ihre Kinder zu gehen haben. Die einzige Möglichkeit, wenn man sein Kind auf eine andere Grundschule als die örtliche schicken möchte, den Wohnort zu wechseln. Das kann und darf nicht sein: wenn z.B. die Kindergartenfreunde näher an einer anderen Grundschule wohnen und nur mein Kind 2km zu weit entfernt, dann dürfte mein Kind nicht mit seinen Freunden auf die Schule gehen.

Und was die "reichen Eltern" mit "Elitekindern" angeht, die werden ihr Kind dann halt auf eine teure Privatschule schicken anstatt auf die Über-Gesamt-Schule. Was wiederum zu noch stärkerer "Elitenbildung" führen wird - die man doch so sehr vermeiden möchte. In den USA ist schon heute der Fall, dass die öffentlichen Schulen signifikant schlechtere Bildung vermitteln, als die kostenintensiven Privatschulen.

Bildung darf meiner Ansicht nach aber keine Frage des Einkommens der Eltern sein (siehe Studiengebühren), daher halte ich diese Reform, also die Vorlage der Hamburger Bürgerschaft, für schlechter als das jetzige System. Ich würde die Volksinitiative "wir wollen lernen" unterstützen, damit die Bürgerschaft ihre Vorlage nochmal überdenken kann und dann hoffentlich mit einem besseren Vorschlag kommt.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 15:23
Wulf
Ich habe nur ein Problem damit, dass nach der Vorlage der Bürgerschaft den Eltern vorgeschrieben wird auf welche Grundschule ihre Kinder zu gehen haben.
Hierüber wird nicht abgestimmt.

Und was die "reichen Eltern" mit "Elitekindern" angeht, die werden ihr Kind dann halt auf eine teure Privatschule schicken anstatt auf die Über-Gesamt-Schule. Was wiederum zu noch stärkerer "Elitenbildung" führen wird - die man doch so sehr vermeiden möchte. In den USA ist schon heute der Fall, dass die öffentlichen Schulen signifikant schlechtere Bildung vermitteln, als die kostenintensiven Privatschulen.
Gymnasien werden nicht abgeschafft.

Wäre ich reich und hätte Kinder, kämen die auch an eine Privatschule. Nicht, um Eliten heranzubilden, sondern um meinen Kindern anständige Bildung zu vermitteln. Derzeit sehe ich öffentliche Schulen, gerade in Hamburg, sehr negativ.

Bildung darf meiner Ansicht nach aber keine Frage des Einkommens der Eltern sein (siehe Studiengebühren)
Ist es aber und wird es auch bleiben. Wer stinkreich ist, wird seinen Kindern immer was besseren bieten können, als es sich der Durchschnittsbürger leisten kann. Natürlich muss der Staat dafür sorgen, dass jeder eine angemessene Bildung kostenlos bekommt.

Ich würde die Volksinitiative "wir wollen lernen" unterstützen, damit die Bürgerschaft ihre Vorlage nochmal überdenken kann und dann hoffentlich mit einem besseren Vorschlag kommt.
Ich hab irgendwo gelesen, dass sich die Bürgerschaft verpflichtet hat, in den nächsten 10 Jahren nichts mehr am Schulsystem zu ändern. Es wird also zu keiner neuen Vorlage kommen, egal wie die Abstimmung ausgeht.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 16:46
T4Y
Ich hab irgendwo gelesen, dass sich die Bürgerschaft verpflichtet hat, in den nächsten 10 Jahren nichts mehr am Schulsystem zu ändern. Es wird also zu keiner neuen Vorlage kommen, egal wie die Abstimmung ausgeht.

[2]
Das ist ganz schön krass. Denkst du du findest da noch ne Quelle dazu?

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 16:56
Wulf
http://de.wikipedia.org/wiki/Schulreform_in_Hamburg
Stichwort "Schulfrieden"

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 17:32
Anonymer User
Das heißt, wenn die Initiative gewinnt, dann bleibt für 10 Jahre alles wie es ist? Auch irgendwie seltsam, oder?

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 17:38
T4Y
http://de.wikipedia.org/wiki/Schulreform_in_Hamburg
Stichwort "Schulfrieden"

Ok, gemeint ist die "Schulstruktur" und nicht per se jede Änderung innerhalb des Systems.
Trotzdem wenig glaubwürdig. Es macht nie Sinn, sich selbst Nachbesserungen zu verbieten. Man übertrage diese Perspektive mal auf die Uni…

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 20:40
Anonymer User
Zwei Hauptkritikpunkte an der Schulreform habe ich:
Die Rechtfertigung für eine Schulreform ist die PISA-Studie. Wieso schneiden in Bayern die Schulen soviel besser in der Studie ab und das ganze ohne ein reformiertes Schulsystem?

Die Chancengleichheit zwischen Schülern aus Hamburg und welchen aus SH oder NRW ist nicht mehr gegeben. Es kann doch nicht sein, das so eine grundlegende Änderung auf ein Land beschränkt ist…

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-09 21:22
T4Y
Die Rechtfertigung für eine Schulreform ist die PISA-Studie. Wieso schneiden in Bayern die Schulen soviel besser in der Studie ab und das ganze ohne ein reformiertes Schulsystem?

Das muss man etwas differenzierter betrachten (außerdem ist PISA nicht die Rechtfertigung/ein Argument, sondern der Auslöser und somit eigentlich irrelevant):

"Im Freistaat legten nur 21,6 Prozent eines Jahrgangs das Abitur ab, gegenüber 27 Prozent im Bundesschnitt. Dennoch bescheinigen die Pisa-Forscher den bayerischen Schulen, erheblich besser als in anderen Bundesländern Kinder aus bildungsfernen Schichten zumindest zu einem guten Hauptschulabschluss zu führen."

und

"In Mathematik und Naturwissenschaften sind Schüler aus Oberschichtsfamilien Gleichaltrigen aus Arbeiterfamilien im Bundesdurchschnitt mehr als 100 Punkte voraus - was einem Lernfortschritt von deutlich mehr als zwei Schuljahren entspricht. Bereits der erste Pisa-Test hatte belegt, dass in keinem anderen Industriestaat der Welt das Schulsystem bei der Förderung von Arbeiter- und auch Migrantenkindern so versagt wie in Deutschland. "
(http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,382475,00.html)

Die Chancengleichheit zwischen Schülern aus Hamburg und welchen aus SH oder NRW ist nicht mehr gegeben. Es kann doch nicht sein, das so eine grundlegende Änderung auf ein Land beschränkt ist…

Das ist sie doch überhaupt nicht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesamtschule#Aktuelle_Entwicklungen
http://de.wikipedia.org/wiki/Integrierte_Gesamtschule

Zwar gibts 6 Jahre Primarschule tatsächlich nur in Berlin/Brandenburg, aber das damit verwandte Gesamtschulkonzept (wie auch Teil der Reform) wird von immer mehr Bundesländern übernommen. Und beim Studienplatzrelevanten Vergleich zwischen Bundesländern spielen somit auch nur die letzten Jahre und nicht die ersten eine Rolle. Die letzten Jahre sind wie erwähnt im Rahmen der allgemein angestoßenen Reformen dabei sich immer mehr aneinander anzupassen. Und die ersten Jahre sollten doch möglichst erstmal das Ziel haben, dir überhaupt eine Chance zu geben. Nur Gymnasiasten vergleichen doch ihren Abschluss mit anderen Ländern, da bringt dir das ganze mit Hauptschulabschluss auch nix. Und um die gehts doch.

Aber auch wenn man nicht dieser Meinung ist: Bildung ist Ländersache. Chancengleichheit zwischen Schülern verschiedener Bundesländern, ja überhaupt Schulen, hat es davor auch nie zu 100% gegeben. Sieht man doch im Studium wie unterschiedlich die Schullaufbahn war.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-10 00:42
NaZo
Natürlich schafft die Schulreform keine Chancengleichheit, auch eine pures Gesamtschulsystem würde das nicht können, denn gegen unterschiedliche Förderung im Elternhaus und Ghettoisierung kann kein Schulsystem was tun. Aber wieso versucht man auf Teufel komm 'raus, ein kleine Verbesserung schlecht zu reden. Das dient doch nur denen, die Interesse dran haben, dass die Chancenungleichheit so groß wie möglich bleibt.

Und das Privatschul-Argument ist ja wohl das dümmste, das es gibt. Dann müsste man ja immer versuchen, alles so schlimm wie möglich zu machen, um denjenigen, denen das Schlimme nützt, keinen Grund zu geben, was noch Schlimmeres zu machen. Das ist doch voll bescheuert. So funktioniert Tyrannei.
Außerdem, wenn dieses heilige Gymnasium so toll sein soll, dass mein Kind auf keinen Fall erst zwei Jahre später dort hingehen soll, warum sollte dann eine Privatschule so viel besser sein?

Das mit dem "Schulfrieden" hat wohl eher den Sinn, dass es nicht bei jedem Regierungswechsel eine neue Schulreform gibt, die alles wieder über den Haufen wirft, was in der vorherigen Legislaturperiode umgesetzt wurde. Das ist ja sicher auch ganz vernünftig.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-10 11:05
Nymos
Hm, ich sehe das ganze sehr kritisch. Alle Pro Argumente, die ich bisher gehoert habe, basieren mehr oder weniger darauf, dass alle Menschen prinzipiell annaehenrd gleichintelligent sind. Ich habe schon viele Schulen gesehen, bin selbst zuerst auf einer Realschule gewesen um spaeter auf das Gymnasium aufzusteigen. Habe auch schon Hauptschulen von innen gesehen und muss sagen, dass es einfach enorme Unterschiede im Verhalten der Schueler gibt, mMn am IQ begruendet.

Ich verstehe nicht, wieso das jetzige System Chancenungleichheiten schaffen soll. Die vier Jahre haben alle Kinder doch genau dieselben Chancen. Ich bezweifle, dass zwei Jahre mehr wirklich etwas aendern. Der Unterschied entsteht nicht durch die Schule, soldern durch das Elternhaus. Werden "sozial schwaechere" Eltern in diesen zwei Jahren etwa extra motiviert und foerdern ihre Kinder ploetzlich mehr als in den vier Jahren zuvor? Ist ein 10 Jaehriges Kind, das vier Jahre lang nichts vom lernen hielt/intelektuell nicht mithalten konnte, ploetzlich reif/intelligent genug sich fuer oder gegen Bildung zu entscheiden? Ich meine nein.

Man soll das Geld nicht fuer unueberlegte Reformen rausblasen sondern dafuer mehr auf die Faehigkeiten der Lehrer achten und an der Lehrform an sich optimieren, neue Lehrmethoden ausprobieren. Kinder in der Schule foerdern, statt dies den Eltern zu ueberlassen. Wer hinterher immer noch nicht mitkommt, ist einfach nicht auf dieser Ebene und wird in einem Gymnasium auch nicht gluecklich. Es gibt doch nichts deprimierenderes als in einer Klasse zu sitzen, in der man mit groszem Abstand die duemmste Person ist. Da steigt nur der Druck und man schaltet vielleicht irgendwann ganz ab. Ok, ist jetzt schon weitreichender und eher kontra Gesamtschule, aber um euere Frage hier zu beantworten: Ich bin gegen diese extra zwei Jahre. Man sollte diese wenn schon dann nochmal an die weiterfuehrenden Schulen anloehten, wenn die Kinder zu Jugendlichen geworden sind und vielleicht langsam wirklich entscheiden koennen, ob sie sich steigern wollen/koennen oder nicht. Hier sollte man den Aufstieg von Haupt auf Real auf Gym noch etwas erleichtern und schmackhaft machen.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-10 12:31
NaZo
Alle Pro Argumente, die ich bisher gehoert habe, basieren mehr oder weniger darauf, dass alle Menschen prinzipiell annaehenrd gleichintelligent sind.
Das stimmt nicht, natürlich gibt es Unterschiede, nur die kann man nicht schon mit 10 Jahren eindeutig feststellen, sicher auch nicht mit 12, aber eher als mit 10. Darum geht es.

Viele brauchen einfach länger, um "in Fahrt" zu kommen, und das hängt sicher in erster Linie mit dem Elternhaus zusammen. Natürlich kann Schule nicht alles ausgleichen, aber ein wenig, und eine Grund/Primarschule ist sicher der besser Ort dafür als eine Hauptschule. Wenn Du erstmal dort bist, hast Du doch schon verloren.

Die meisten, die auf einer Hauptschule landen, tun das ja nicht, weil sie völlig dumm sind, sondern weil sie ein soziales Problem haben (hier nicht im Sinne eines problematischen sozialen Umfelds, sondern im Sinne eines problematischen Sozialverhaltens, wobei das eine oft der Grund für das andere ist), das es für sie schwer macht sich im Schulleben zurechtzufinden. Aber alle diese Problemkinder dann auch noch auf einer Schule zu versammeln, kann doch nur nach hinten losgehen. Kein Wunder, dass viele abgehen und nicht ordentlich, lesen, schreiben und rechnen können. Denn auf einer Hauptschule wird ja nicht mehr gelehrt, sondern nur noch betreut.

Da ist es doch besser, eine Schule mit einer gesunden Mischung von unterschiedlichen Kindern zu haben, in der jedes individuell gefördert wird (was natürlich noch zu erreichen ist).

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-10 14:57
Anonymer User
Wenn Du erstmal dort bist, hast Du doch schon verloren.

Sehe ich nicht so. Meine Schwester war auf einer, dieses Jahr fängt sie ein Studium an. Wer will und kann, der kommt auch weg. Es kann keiner behaupten, dass die Hauptschule zu schwer sei.

Ich bin auch nicht der Ansicht, dass es gut ist, die "Problemkinder" mit den "normalen Kindern" zu mischen (jaja, ich weiss momentan keine besseren Begriffe. Verzeiht mir das). Das sieht man an den Gesamtschulen ganz gut - da stoßen nicht etwa die Schlechten zu den Guten auf, das allgemeine Niveau geht herunter. Man kennt es auch selbst aus der Schule, sobald man einen Klassenklaun hat fällt einem das Aufpassen schon ein ganzes Stück schwerer. Nicht unbedingt, weil es durch die Störungen unmöglich wird, teils auch weil man sowas als Kind auch lustig findet. Und dann noch so Dinge wie Klassen nach Leistungsstufen - was bitte soll das? Ist dasselbe in Bunt, da ändert sich nichts, es heisst nur anders.

"Streber" werden sich viel stärker herauskristalisieren, viel stärker verurteilt(oder sie passen sich an, was hierbei auf keinen Fall gut zu heissen ist).


Viel mehr würde ich da wie gesagt am jetzigen System feilen, anstatt es zu verwerfen. In Hauptschulen wird nicht mehr gelehrt? Dann ist ja schon ein Problem deutlich benannt. Speziell ausgebildete Lehrer, die die Kinder "resozialisieren" und zum Lernen motivieren und nicht einfach kapitulieren und auf alles Scheissen.

Wie gesagt - warum sollten die Kinder in den zwei Jahren plötzlich so viel besser werden? Wenn sie das werden würden, würden sich auch von der Hauptschule weggkommen. So war es bei meiner Schwester. Wenn nicht, dann eben nicht.

Abitur in 12 Jahren finde ich schon dumm. Dann sollen jetzt nochmal zwei Jahre von den weiterführenden Schulen abgezwackt. Wer übernimmt denn diese Kinder? Sicher keine gut ausgebildeten Lehrer, sondern unsere jetzigen Grundschullehrer.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-10 15:58
Kantrop
Das stimmt nicht, natürlich gibt es Unterschiede, nur die kann man nicht schon mit 10 Jahren eindeutig feststellen, sicher auch nicht mit 12, aber eher als mit 10. Darum geht es.


Um Himmels Willen.. mit 12 ist man genau in der Pubertät und meinem Gefühl nach, würde das eine ganz falsche Empfehlung geben..

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-10 17:14
T4Y
Um Himmels Willen.. mit 12 ist man genau in der Pubertät und meinem Gefühl nach, würde das eine ganz falsche Empfehlung geben..

Da ist natürlich was dran aber auf der anderen Seite hast du die Alternative, dass du 10-Jährige nach ihrem IQ-Potential (wie weiter oben auch genannt) beurteilst was dann die gesamte Schullaufbahn und das Leben später entscheiden soll. Ich find beides krank, letzteres aber mehr als ersteres. Wie schon gesagt, keins der beiden Lösungen ist die optimale.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-11 12:14
NaZo
Um Himmels Willen.. mit 12 ist man genau in der Pubertät und meinem Gefühl nach, würde das eine ganz falsche Empfehlung geben..
Ich weiß zwar nicht, wie das so geplant ist mit den Empfehlungen, aber man muss die ja nicht nur vom allerletzten Zeugnis abhängig machen. Ich jedem Fall ist es gerechter, wenn man einem Kind 6 Jahre gibt, sich zu beweisen, als 4 Jahre.
Sehe ich nicht so. Meine Schwester war auf einer, dieses Jahr fängt sie ein Studium an. Wer will und kann, der kommt auch weg.
"Wer will, der kann auch…" Das sind so Sprüche, die man leicht machen kann, wenn man ganz oben auf seinem Ross sitzt. Natürlich kann man aufsteigen, aber was man dann schon alles verpasst hat… Ich war in der Oberstufe auf einem Gymnasium, das war so ein Sammelbecken für Leute, die vorher noch nicht auf'm Gymnasium waren. Die hatten es alle so schwer dort, weil die vorher einfach nichts gelernt haben. Für mich war es hingegen pippieierleicht.

Aber in jedem Fall zeigen Fälle wie der Deiner Schwester doch, das es Leute gibt, die nach der 4. Klasse auf der Hauptschule landen, aber eigentlich zu höherem berufen sind. Als Beweis dafür, dass es deswegen für die Betroffenen einfach ist aufzusteigen, würde ich das aber nicht sehen.
Das sieht man an den Gesamtschulen ganz gut - da stoßen nicht etwa die Schlechten zu den Guten auf, das allgemeine Niveau geht herunter.
Natürlich ist so, dass es für die Guten besser wäre, wenn sie unter sich blieben. Aber mir geht es ja auch nicht um Elitenförderung, sondern darum, was gesellschaftlich insgesamt besser ist. Und eine durchschnittlich gebildete Gesamtbevölkerung ist sicher besser als eine kleine Elite und ein Heer von Idioten, zu mal das Heer von Idioten immer besser ist in der Vermehrung. ;-)
Natürlich ist es aber Aufgabe von Politik, Schulen, Lehrern… dafür zu sorgen, dass das Durchschnittsniveau möglichst hoch ist, und dass auch besonders Begabte zu ihrem Recht auf individuelle Förderung kommen.
Viel mehr würde ich da wie gesagt am jetzigen System feilen, anstatt es zu verwerfen. In Hauptschulen wird nicht mehr gelehrt? Dann ist ja schon ein Problem deutlich benannt. Speziell ausgebildete Lehrer, die die Kinder "resozialisieren" und zum Lernen motivieren und nicht einfach kapitulieren und auf alles Scheissen.
Das Resozialisieren geht aber leichter in einem Umfeld, das nicht ganz so "assi" ist. Denn das größte Problem an den Hauptschulen ist doch nun mal, dass dort alle reingesteckt werden, die irgendwie problematisch sind. Da kannst Du noch so ein toller Lehrer sein, wenn Du vor einer Klasse sitzt, von der 80% der Schüler nicht richtig Deutsch kann, und der Rest zu Gewalt neigt… wie soll man da vernünftigen Unterricht machen, bei denen die Kinder noch was lernen.

Schon klar, dass es denjenigen, die nicht so sind, lieber sein kann, wenn sie diese Leute nicht an ihren Schulen haben. Das ist ja ein beliebstes Prinzip dieser Gesellschaft: Probleme wegschließen, abschieben, aus dem Sichtfeld entfernen ist wichtiger als lösen (siehe Debatte um Websperren…)
Und dann noch so Dinge wie Klassen nach Leistungsstufen - was bitte soll das? Ist dasselbe in Bunt, da ändert sich nichts, es heisst nur anders.
Wieso das denn? Das ist doch 100 mal besser. 1. lässt sich wohl leichter der Kurs als die ganze Schule wechseln, und 2. weiß doch jeder, dass Begabungen nicht gleich verteilt auf alle Fächer sind.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-11 14:09
T4Y
Aber in jedem Fall zeigen Fälle wie der Deiner Schwester doch, das es Leute gibt, die nach der 4. Klasse auf der Hauptschule landen, aber eigentlich zu höherem berufen sind. Als Beweis dafür, dass es deswegen für die Betroffenen einfach ist aufzusteigen, würde ich das aber nicht sehen.

Da bring ich auch gerne meine Schwester als Beispiel: Sie sollte auf die Hauptschule, weil sie einen auffällig ausländischen Namen hat (das spielte sich im gelobten Bayern ab). Der Rektor des einen Gymnasiums wollte sie somit nicht. Naja, heute ist sie Doktorandin ;) Wäre sie aber in die Hauptschule dort gesteckt worden (sozialer Brennpunkt), wäre sie es heute nicht. Was dort stattfindet ist an Demotivation und Demoralisierung nicht zu unterbieten gewesen. Ich habe in meiner ganzen Schullaufbahn niemanden erlebt der von dort zu uns ans Gymnasium gewechselt ist. Und das ist jetzt auch keine 80er-Jahre Story. Rektoren bleiben meist relativ lange im Amt…

Naja, natürlich gibts auch Geschichten die vom genauen Gegenteil berichten. Aber solange sowas real passieren kann, stimmt was nicht.

Man muss übrigens die Gesamtschul-Konzepte auseinanderhalten. Teils sind Haupt-/Real-/Gymnasialschüler in ein und der selben Klasse gemischt (integrativ), teils sind sie aufgeteilt in unterschiedliche Kurse. Bei zweiterem fällt der Vorwurf des "herunterziehens" schlicht weg.

RE: Volksentscheid am 18. Juli 2010 über die Schulreform 2010-06-11 16:16
NaZo
Sie sollte auf die Hauptschule, weil sie einen auffällig ausländischen Namen hat (das spielte sich im gelobten Bayern ab). Der Rektor des einen Gymnasiums wollte sie somit nicht.
Das ist ein weiterer Punkt: Ein Contra-Argument hier ist ja, dass wer weniger begabt ist, nun mal weniger begabt ist, und eine niedrigere Schulform daher auch besser für ihn ist. Und in den zwei Jahren mehr würde sich daran ja nichts ändern.

Aber es ist ja auch so, dass die Empfehlungen gar nicht nur von der Begabung abhängig sind:
Betrachten wir den Zusammenhang des sozioökonomischen Status der Elternhäuser und der Schullaufbahnempfehlung […], wird deutlich, dass ein Kind aus oberen Schichten […] in Hamburg die 4,25-fache Chance hat, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten, als ein Kind, das aus einer Arbeiter- bzw. Facharbeiterfamilie stammt. Vergleicht man nur die Kinder mit einander, die die gleichen kognitiven Grundfähigkeiten besitzen, ist die Chance immer noch 3,03-fach so hoch – selbst wenn zusätzlich noch die Kompetenz im Leseverständnis berücksichtigt wird, hat ein Kind bei gleicher Kompetenz und gleicher kognitiver Grundfähigkeit aus den oberen Schichten im Vergleich zu einem Kind aus den unteren Schichten in Hamburg eine 2,57-fache Chance auf das Gymnasium geschickt zu werden.

http://www.li-hamburg.de/fix/files/doc/kurzbericht.pdf
Zugegeben: Es ist natürlich nicht gesagt, dass das bei einer 6jährigen Grundschule besser wird, aber zumindest haben die benachteiligten Kinder dort zwei Jahre länger Zeit ihre Fähigkeiten auszubauen.